62. Poetopie

kennst du dich? fang an dich zu ahnen

Hansjürgen Bulkowski

5 Comments on “62. Poetopie

  1. …das folgende zitat zur selbst-ahnung: zu einer zeit und in einer szene geschrieben, als/wo delirische selbsterfahrung noch als akademisch wertvoll galt 🙂 „Das Feste ist eine Erfindung des Nervensystems, und ich frage mich, ob die Nerven sich selbst auch als fest empfinden? (…) Die Schwierigkeit liegt darin, daß ich weder die Rückseite noch das Innere meines Kopfes sehen kann. (…) Das Bewußtsein schaut von einem Zentrum aus, welches es selbst nicht sehen kann – und darin liegt die Ursache von allem. (…) Ich selbst bin untrennbar darin verwickelt – das Ganze ist wie ein Knoten, ein Ganglion, ein elektronisches Gewebe von Pfaden, Schaltungen und Impulsen, das sich summend durch Zeit und Raum ausbreitet. (…) Das einzig Beständige ist das sich endlos in sich selbst umwandelnde Muster. (…) Es hat keinen anderen Daseinsgrund als sich selbst.“ Alan Watts, 1962 in: KOSMOLOGIE DER FREUDE

    weiß jemand, ob bulkowski auf facebook aktiv ist? ich würde mich gern mit ihm vernetZen und mehr mitkriegen, was er noch so treibt, außer kurze denksprüche zu verzapfen! 🙂

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  2. „Ich bin nicht durchgekommen, in diesem unter der tiefsten inneren Verpflichtung geleisteten Buch, mein ganzes Staunen auszuschreiben, darüber, daß die Menschen seit Jahrtausenden mit Leben und Tod umgehen (von Gott gar nicht zu reden) und dabei diesen ersten unmittelbarsten, ja genau genommen, einzigen Aufgaben: (denn was haben wir anderes zu tun) noch heute (und wie lange noch?) so neulinghaft ratlos, so zwischen Schrecken und Ausrede, so armselig gegenüberstehen. Ist das nicht unbegreiflich? Meine Verwunderung über diese Tatsache drängt mich, sooft ich mich ihr überlasse, zunächst in die größte Bestürzung hinein und weiter in eine Art Grauen; aber auch hinter dem Grauen ist etwas nächstes und Übernächstes, etwas so Intensives, daß ich mit dem Gefühl nicht zu entscheiden vermöchte, ob es glühend oder eisig sei.“
    Rainer Maria Rilke, im 1.Brief (8.11.1915): ÜBER GOTT (1933)

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  3. es ist immer wieder meine freude, zu sehen, in wievielen verschiedenen formulierungen und aus wievielen perspektiven dasselbe gesagt werden kann. ist nicht auch das unser glück als lyriker? würde man sonst gar nur 1 einzigen dichter oder gar nur 1 einziges ultimatives gedicht benötigen, um „alles“ zu sagen? 😀 ich schätze bulkowskis zitate sehr und möchte ihn durch die „ähnlichen“ zitate in seinen aussagen unterstütZEN, habe auch andersrum schon so einige seiner L&Poe sprüche auf meiner homepage integriert. so macht es mir spaß, diese vielfalt der sich selbst umkreisenden „unlösbaren“ probleme (bzw problemlosigkeit, je nach blickwinkel) zu zelebrieren… ich hätte inzwischen einen ganzen katalog von zitaten zu speziell dieser poetopie der „anfänglichen selbst-ahnung“, hier wird ein grundlegendes thema angesprochen, daß ja zu den urfragen der menschheit zählt. by the way: die kinofilme „surrogates“ und „matrix“ zielen auch in diese richtung, vom trivialkino bis zur ernsten literatur, eigentlich immer dasselbe gespenst, das sich im leeren spiegelkabinett sucht und verirrt, bevor es entweder verpufft oder verrückt wird: das ICH, das sich selbst zum „du“ erklärt und damit rein gar nichts erklärt 🙂

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  4. „Man ist nicht, wie Eltern und Lehrer einem weismachen wollen, ein bloßer Fremdling im Weltsystem, sondern gleichsam das Ende einer Nervenfaser, durch welches das Universum sich selbst betrachtet. Aus diesem Grund hat beinahe jeder Mensch tief im Inneren ein unbestimmtes Ewigkeitsgefühl. Wenige haben den Mut, sich dazu zu bekennen, denn das würde auf den Glauben hinauslaufen, daß man selbst Gott sei.“
    Alan Watts, in: ZEIT ZU LEBEN (1972)

    „Davon, daß es ein nicht psychisches, transzendentes Objekt gibt, ist die Naturwissenschaft stillschweigend überzeugt. Sie weiß aber auch, wie schwierig es ist, die wirkliche Natur des Objekts zu erkennen, namentlich dort, wo das Organ der Wahrnehmungen versagt oder gar fehlt, und wo passende Denkformen nicht vorhanden sind, beziehungsweise erst noch erschaffen werden müssen. In jenen Fällen, wo weder unsere Sinnesorgane noch deren künstliche Hilfsapparate das Vorhandensein eines realen Objekts verbürgen, wachsen die Schwierigkeiten ins Ungeheure, so daß man sich versucht fühlt zu behaupten, es sei überhaupt kein reales Objekt vorhanden.“
    C.G.Jung, in: Erinnerungen, Träume, Gedanken (1961)

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