4. Deutsche Hexameter

Wir haben einem ungenannten Freunde noch für eine kleine Erinnerung zu danken, die er uns wegen des achtzehnten Briefes machen wollen, in welchem der Übersetzer des Rabelais für den ersten Verfertiger deutscher Hexameter ausgegeben worden. »Das kömmt daraus, schreibt dieser Freund, wenn man die Gottschedische Schriften nicht besser gelesen hat! Schlagen Sie des Herrn Gottscheds Sprachkunst (S. 628) nach, so werden Sie finden, daß Conrad Geßner noch vor Ihrem Fischart deutsche Hexameter gemacht hat. etc.« – Hierauf antworten wir, daß uns diese Anmerkung des Herrn Gottscheds nicht unbekannt gewesen, daß wir uns aber nicht überwinden können, sechsfüßige Verse die außer dem einzigen fünften Fuße aus lauter Spondeen bestehen, für wahre Hexameter zu halten. Ein einziger solcher Vers ist zwar zur Not ein Hexameter; aber lauter solche Verse sind keine.

Lessing, Gotthold Ephraim, aus: Briefe, die neueste Literatur betreffend. Zweiter Teil, 1759. Vorbericht hier

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