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Vorige Woche starb die Übersetzerin Doreen Daume. Sie wurde 1957 in Dortmund geboren. Sie übersetzte seit 1999 polnische Literatur (u. a. Bruno Schulz, Czesław Miłosz, Ewa Lipska, Mariusz Grzebalski, Piotr Sommer, Andrzej Kopacki). Für ihre Übersetzungen erhielt sie 2008 den Österreichischen Staatspreis. In einem Nachruf schrieb Werner Richter:
Aber mit derselben Ausdauer lernte sie dann eben die neue Sprache, und zwar so gut, dass es nicht lange dauerte, bis sie sich unter die (durchaus schon vorhandenen) Größen der Polnischübersetzer einreihte. Es war nur eine kurze Karriere (2000-2013), aber alle Achtung: Angefangen hat sie gleich richtig weit oben, aber anscheinend reicht’s nicht, dass einer wie Czesław Miłosz den Nobelpreis für Literatur kriegt – trotzdem gab es Sachen von ihm, die nie ins Deutsche gekommen waren. So auch sein Hündchen am Wegesrand, eine Sammlung aphoristischer Essays, die Doreen (wieder)entdeckte und bei Hanser unterbrachte, wo sie dann immer neue Texte, vor allem Gedichte von Miłosz, übersetzt hat. Lyrik war überhaupt ihre Spezialität, die Hälfte ihrer Bibliographie fällt in dieses Genre. Und für poetische Sprachwucht wurde auch ihre Übersetzung der beiden Romane von Bruno Schulz gerühmt, vor allem die „vitale und intensive“ Neufassung seiner Zimtläden.
(…)
Zornig war sie in den letzten Jahren auch darüber, wie unbedankt und mies bezahlt unser Beruf doch ist. Sie hat sogar vor kurzem noch einen Fernkurs als Werbetexterin abgeschlossen, weil ihr klar war, dass man in der Branche die Tricks der Sprachkunst, die wir halt drauf haben, genug zu schätzen weiß, um auch richtig Geld dafür zu bezahlen.
Vielen Dank für diesen Beitrag! Es bekümmert mich, dass eine ausgezeichnete Kollegin, die Weltliteratur aus einer europäischen Sprache übersetzte, mit über 50 noch einmal umsatteln wollte, um dem Altersprekariat auszuweichen. Vor diesem neuen Aufbruch ist ihr das Leben ausgewichen, das sie der Dichtung gewidmet hatte. Allein die Stimme bleibt…
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