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Veröffentlicht am 31. Januar 2013 von lyrikzeitung
Gegen Ende des Bandes finden sich denn auch einige Texte, die eben jenes mit uns alternde Ich relativieren. Die es gewissermaßen als Reflexionsmaschine in die Dingwelt stellen. Das ist etwas, was wir Nichtwiener von den Wienern lernen können und sollten, dass man, wenn man sich selber weniger ernst nimmt, im morbiden Humor entwickeln kann, ja muss. Das letzte Gedicht des Bandes sei hier vollständig wiedergegeben, denn es bringt so einiges auf den Punkt:
KEIN ICH
heute kein Ich, das Ich gelöscht
Das falsche Ich, das sich ausbreitend
immer noch Ich sagt, ein großartiges
weithin hallendes Ich. Ich über den
Wipfeln und Gipfeln, wohin
keine Autos fahren, auch
nicht im Traum. Ich im nächtlichen
Aufschrei von Vögeln, in Möbeln,
Werkzeugen, Papieren – ich
auf Festplatten, Massenspeichern.
Ich, dieses unwissentlich geräuberte und
adaptierte Ich, auch in den Büchern
im Koffer, der sich ganz von selbst öffnet.
Jan Kuhlbrodt, Fixpoetry, über:
E. A. Richter, Schreibzimmer. Gedichte. ISBN 978-3-902113-94-8 € 20,– Edition Korrespondenzen Wien 2012
Kategorie: Österreich, DeutschSchlagworte: E.A. Richter, Jan Kuhlbrodt
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