12. Frauenanteil

Frauenanteil in einigen Lyrikanthologien 1859-2011 (Prozent)

Storm Liebesl. 1859 2,3
Anthologie der Abseitigen 1946 6,9
Pantheon 1957 6,0
Hohoff Flügel d. Zeit 1956 10,8
In dies. bess. Land 1966 5,5
Lyrik der BRD Reclam Leipzig 1985 15,9
Die Eigene Stimme DDR 1988 16,5
Ly-Jb. 9, 1993 16,7
Quellenkunde 2007 33,3
BELLA triste 2007 29,4
Neubuch 2008 44,0
Laute Verse 2009 37,5
freie radikale lyrik 2010 76,9
Ly-Jb. 2011 39,1

frauenanteil

30 Comments on “12. Frauenanteil

  1. und ich muss euch beinde recht geben
    und freut mich, das ihc Duraj & Voss auf einen nenner bringen habe können.
    dafür müsste es ordentlich ablass geben, für alle meine sonstigen sünden & schandtaten!

    natürlich ist SF per se nicht trivial, auch nicht Krimi im ganzen, nur das gros der in dieser abteilung zur ausleihe & lektüre ausliegenden (angenommenen, verlegten und gekauften, angeschafften) bücher!
    dafür war die suche nach nicht wenigen dichterInnen weniger ergiebig bis ergebnislos, obwohl die abteilung dort viel umfangreicher bestückt ist, als in anderen büchereien ujnd nicht so verschnarcht und verstaubt.
    ganze verlage – mit über die wir hier und auf FB so oft reden und titelmeldungen teilen und liken usw. – fehlen … d.h. aus dem gesamten verlagsprogramm kein einzigere titel, autor. aber immerhin neben HuchelpreisträgerInnen auch Schmidt, Hensel, Köhler, Schulze, Jackson, Winkler & Kuhligs.

    und die dafür i.d.r. (und selten freiwillig im ggs zu fantasy, krimi, garten, kunst, deco, reiseführer) eher eingeteilten als ausgesuchten bibliothekswesen, heute namentlich medienwissenschaftlerinnen, in dem fall fast ausschließlich mitarbeiterInnen, stützen sich bei den bestellungen eigentlich nur auf das, was die größeren lokal und überregionalzeitungen besprechen sowie preisjury vorsortiertes.
    womit wir wieder bei dem alten hauptthema wären.

    Like

  2. ich schätze deine essays als besonders sorgfältig. deine polemiken nicht immer. um es mal ganz vorsichtig zu sagen. besonders sorgfältig baust du gleich zweimal das wort waffel ein. persönliche erfahrung? sorgfältige argumentation?
    ich bin nicht der meinung, daß statistiken über männer und frauen überflüssig sind. das scheint mir ja gerade der dissens zwischen uns. überleg mal was du da sagst. daß von 109 nobelpreisträgern für literatur nur 12 frauen sind, soll man lieber nicht darstellen weil es zu mißverständnissen führt? aber hallo.
    ich bin der meinung, daß karten, tabellen, statistiken nützlich sind. auf alle fälle für soziologische, ich glaube auch für idelle sachverhalte. man kann es versuchen. wenn man was versucht von dem richtung und ausgang noch nicht klar sind, kommt in blogs und fb immer gleich jemand und überschreibt das mit seinem thema oder öfter nur mit rumflaxen. hier warst du es, worüber ich nicht froh bin.
    ich bin sicher, daß man in einem atlas auch solche von dir angesprochenen probleme darstellen kann. nur von der von dir hier eingeführten mischung von äpfeln und birnen halte ich nichts. das bringt genausowenig wie andere relativismen, wie zum beispiel die beliebte extremismustheorie. dort das formale merkmal „extreme position“, bei dir „marginalisierung in anthologien“. das ist keine saubere methode und verhindert gerade einsichten in beiden richtungen.
    daß statistiken über frauen und männer für mißverständnisse offen sind, haben sie mit allen anderen mitteilungen gemein. verwirrung oder streit stiften nicht die karten, sondern die interpretationen. für die ist jeder selbst verantwortlich, nicht facebook und auch nicht die statistik.

    Like

    • Ich stimme Dir zu, dass Statistiken über Männer und Frauen nützlich sind. Auch Deine Frage ist wichtig. Du brauchst nicht weiter Beispiele anhäufen, das war von Anfang an nicht nötig. Ich glaubte nicht, dass ich das Thema wegnehme, ich glaubte es in eine bestimmte Richtung zu vertiefen. Ich verstehe nicht, warum Du das nicht siehst. Das Wort Waffel gebrauchte ich, um klar zu machen, dass ich mich, wenn man mir schon unterstellt, ich hätte etwas gegen die Frage, es kann ja immerhin möglich sein, dass ich unbewusst frauenfeindlich bin, wenigstens an die hier aufgestellten Rationalitätsregeln halte. (Denn das ist ja bewusst) Ich wollte damit also die Leute, die ev. meine Argumente so lesen, als ob ich Tatsachen wie die Unterrepräsentation der Frau nicht anerkenne, vielleicht nicht die richtige Leseweise haben, Das war offenbar höchst missverständlich. (Wundert mich immer noch, in so eine komische Ecke gestellt worden zu sein.)

      Like

  3. Ja, lass uns Schluss machen, Klaus hat ja Recht. Ich versuche nochmal eins klar zu stellen: Der durchschnittliche Schreiber ist doch hier ein technischer Begriff. Von x Schreibern mit y Erfolg bei Einsendungen entscheidet sich im Schnitt ein gewisser Anteil von z, dass sich der Aufwand nicht mehr lohnt. Von x Schreibern mit y-a Erfolg entscheiden sich vorraussichtlich im Schnitt z+r Schreiber, also mehr Schreiber, dass sich für sie nicht mehr lohnt. Das ist dasselbe Argument, was Du auch beiläufig verwendest: Für den Recktorsposten hätten sich damals keine Frauen beworben, weil sie ohnehin chancenlos sind. Zum Schreiben von Frauen habe ich gesagt, dass „eigentlich“ und „gefühlt“ mehr schreiben. Deswegen war mir nicht klar, dass Du DAS gegeneinander auslegst. Gestehst Du mir wenigstens zu, dass mir das wie eine böswillige Interpretation vorkommt? Ich finde auch, dass man nur schwer Missverständnisse vermeidet, wenn man die Kategorie Frauen/Männer aufmacht, wie es die anlassgebenden Statistiken tun und drücke mich da oft und nun noch öfter.
    Entschuldigung dass ich etwas gallig werde, wenn man mir meine Rationalität abspricht oder wenn meine Position psychologisiert wird. (Wohl weil ich versuche, an diesen Stellen besonders sorgfältig zu sein.) Ich werde also in der Lyrikzeitung vorsichtiger sein mit persönlichen Erfahrungen.

    Like

  4. Meschures, ihr wisst doch, wie es ist, mit den mißverständnissen und pers. auslegungen usw. auf FB oder auch über andere medien, wie dieses … geht ja nicht nur (mit) mir so! – nu kriegt euch wieder ein, ihr kennt euch doch gut genug, um zu wissen, was alles der eine dem anderen nie unterstellen oder von ihm annehmen oder behaupten würde; und s is eh weihanchtszeit – also. was ich aber sagen wollte, zum thema, gleich zweierlei:

    1.) da es ja ein literatursoziologisches thema ist bzw. war: bevor wir von die statistik zu die poetologie kommen, zurück zu die fakten!
    habe gestern vor einer lesung in einer s.gr., neuen … imposanten bücherei einer großstadt paar ausgiebige stichproben in den entsprechenden stockwerken/regalen/signaturbereichen zu dem thema gemacht, die ich, ohne sie zu intrepretieren, hier+mit im ergebnis wieder- & weitergebe:

    bei der prosa überwiegt (schätze seit paar oder nur 2,5 jahrzehnten) der anteil der frauen.
    mehr noch – auch wenn das ein empörungssturmtief samt entrüstungslawinen auslöst – je trivialer das genre desto höher der anteil, inzwischen auch bei krimis; ausnahme thriller und (nicht geprüft) wahrscheinlich SF.
    ( –> gebe mir dabei, an dieser stelle rechenschaft, dass das doch in einen gewissen widerspruch zu meinem irgendwo weiter oben als antwort abgerungenen definitons/abgrenzungsversuch geraten kann, was die heransgehensweise, zeilsetzung, absichtenverfolgen etc. betrifft! je nun.)

    2.) denne, kommen wir zwotens anschließend gleich zum poeto+logischen:
    da wäre es nun geboten wie aufschlußreich für einen ebensolchen (wie der, worauf sich zufällig wie trefflich sich fügend die hier nicht mehr zitierten beispiele in Wikipedia beziehen) beide diskussionstränge richtig zusammenführend mal genau und unvoreingenommen zu untersuchen:
    wie ist bei endgereimten texten das verhältnis von männlichem zu weiblichem (sog. starkem zu schwachem) reim, nämlich!?

    *** um somit letzlich in eine/r dialketischer synthese zu münden oder zu landen:
    Meister Reinecke, so ihr einem narren nur ausnahmsweise die anrede gestattet, dürfen wir aus eurem 2., glaube ich, beitrag schließen, dass ihr durchaus eine vom betrieb geforderte, erwartete wenn nicht gar erzwungene flexibilität an den tag sowie die umschläge und anhänge legt, indem ihr auch ungereimte centos beigebt?
    dann läge es – aus der gerade praktizierten sichtweisheit – nahe, konsequenterweise (diese wort verfolgt mich gerade, komischerweise) auch „prosa-centos“ bzw. centistische prosa (einer gewissen ausdehung = ab short-storrie-länge) zu verfassen!!
    ABER, JETZT WO ICH DEN SCHERZKEKS BRECHE,
    wird mir bewußt, was seine füllung enthält und bedeutete:
    das wäre – im ernst – ein unternehmen a la bonheur!!!
    dem ich mit großem, noch größerem respekt gegenüberstehen würde, mein ehrenwort! 😉

    … beginnt sogar mich schon in den fingern + unter der kopfhaut zu jucken, der ich sonst solchen (=selbstkritisch: „unautoritären“) verfahrensweisen nicht immer so viel abgewinnen kann und so leicht erliege!
    so, i wünsch was, die herrschaften, und tuts euch doch wieder vertragen auch unter die chromosomen ähm paare … paarungen?

    Like

  5. lieber bertram,
    du sagst nacheinander:
    – ich unterschiebe
    – interpretiere bösartig / unfreundlich
    – verkürze auf den reim (was du geschmacklos, verletzend und böswillig nennst)
    – ich unterstelle („ihr unterstellt“)
    nur ein einziges argument räumst du mir ein. was du selbstverständlich entkräftest.

    was soll ich dazu sagen? zumindest deiner letzten aussage widersprechen: nein, ich weiß „diese dinge“ nicht, weder im grunde noch überhaupt. ich weiß nicht was dich reitet, die (angebliche oder wirkliche) favorisierung bestimmter ausdrucksformen (du zählst reim, präpositionen etc. auf) unter dem aspekt diskriminierung zu behandeln und mit diskriminierung von menschengruppen gleichzustellen. ich verstehe nicht wovon du da sprichst. über soziale diskriminierungen muß man konkret sprechen, über geschmack (individuellen/herrschenden…), kanon, mehrheitsmeinung o.ä. auch. worüber redest du? beschwerst du dich, daß du in manche anthologien oder zeitschriften nicht aufgenommen wirst? das wäre ein anderes thema, ich sehe nicht wie man das in diesem zusammenhang behandeln sollte. über solche sachen haben wir schon öfter gesprochen, soweit ich sehe einvernehmlich. und jedenfalls immer konkret und sehr differenzierend.

    eine einzige anmerkung, „richtigstellung“ kann man es nicht nennen, wenn man eh aneinander vorbeiredet. du schreibst: „Ich denke, was Du unlogisch und mathematisch falsch nennst, Du wirst da leider nicht sehr konkret, speist sich aus solchen Missdeutungen.“
    im gegenteil, da werde ich sehr konkret. kein „geheimwissen“ nirgends, einfachste algebra reicht. ich zitiere noch einmal: „Und wenns noch öfter nix brächte, als bei einem durchschnittlichen Schreiber möchte es bei Frauen eher die Angewohnheit geben zu warten bis frau gefragt wird?“
    du vergleichst in diesem satz „durchschnittliche schreiber“ mit „frauen“, und vorher sagst du, daß frauen die mehrheit der gedichteschreiber bilden. und das geht nicht, wenn man den durchschnitt mathematisch errechnet; denn dann müßten die frauen näher am durchschnitt stehn, wenn sie also die mehrheit bilden. was ist daran unkonkret? ich wundere mich lediglich über die bezeichnung „durchschnittlich“ in diesem zusammenhang. das kann man unfreiwillige komik nennen. gedeutet habe ich an dieser stelle gar nichts. ich schlage dir nur vor, wenn du partout frauen mit männern vergleichen willst, nicht das wort „durchschnittlich“ kontrastiv zu „frauen“ zu verwenden.

    du fühlst dich verletzt, aber verfährst wie noch jeder. die zugefügten verletzungen schmerzen uns mehr als die ausgeteilten. geht mir auch so.

    Like

  6. Lieber Micha,
    es frustriert mich sehr, das Du mir nun auch unterschiebst, dass ich hier abwehre, dass Frauen marginalisiert würden. Ich hab also einen an der Waffel?
    Wir sind uns ja einig über die Punkte, die Du nennst. Ich fühle mich aber sehr bösartig interpretiert in Bezug auf meine Aussage: “Und wenns noch öfter nix brächte, als bei einem durchschnittlichen Schreiber möchte es bei Frauen eher die Angewohnheit geben zu warten bis frau gefragt wird?” Ich bewerbe mich ja selbst oft nicht, wenn ich denke es hat keinen Sinn. Mein Frauenbild ist also ebenso merkwürdig wie mein Selbstbild. Da muss man schon sehr unfreundlich interpretieren (was man, wie Du gagst überhaupt nicht soll) dass da sowas bei rauskommt. Meine Rede enthält wohlwollender gelesen doch auch folgendes Argument: „Selbst wenn der Frauenanteil einer Anthologie einmal den Frauenanteil der Bewerbungen spiegelte, hieße das nicht, dass bereits Gleichberechtigung hergestellt wäre, denn es könnte sein, dass die bisherige Erfahrung manche von der Bewerbung abgehalten hat.“ Ich denke, was Du unlogisch und mathematisch falsch nennst, Du wirst da leider nicht sehr konkret, speist sich aus solchen Missdeutungen. Oder greifst Du auf Sonderwissen zurück, dass Du uns aber nicht verrätst?
    Ich finde es auch geschmacklos und verletzend, dass Du in Deiner kleinen Polemik die Sache auf den Reim verkürzt. Du hast ja bereits gelesen, dass ich den Reim nur aus Argumenttechnischen Gründen einführe weil er eben leicht abzählbar ist. Ich habe ein zweites Mal darum gebeten, das nicht auf den Reim zu verkürzen. Ich muss also bösen Willen annehmen.
    Zu meiner Verve. Die Vehemenz mag daher kommen, dass ich in meiner Arbeit beinahe täglich mit verschiedenartigen Formen von Marginalisierung zu tun habe. Sie ist also ein wichtiges Thema für mich. Du schlägst mir die Gründung einer Bewegung vor. Für die Dinge die mir wichtig sind, ist ein Verlag die bessere Form, mich für Marginalisiertes einzusetzen.
    Nur an einer Stelle bringst Du ein Argument. Die Marginalisierung der Frau wirkt erdrückender, weil sie schon seit Jahrtausenden sich fortgeschrieben hat. Das ist in der Tat ein weiterer großer Unterschied zu den von mir genannten Marginalisierungen. (zumindest in der Form, wie ich das Argument gebracht habe. Bei Vokabularen ist die Sache allenfalls uneindeutig. Da gibt es auch Markierungen des lyrischen, die sich durch die Jahrhunderte fortschreiben. Aber das kann man dann je nach Geschmack immer als eben ein Merkmal dieser Kunst betrachten, dass nicht so ohne weiteres hintergehbar ist.)
    Ansonsten glaube ich nicht, dass ich irgend etwas verharmlose, wie ihr es mir unterstellt. Ich denke nur, man springt etwas kurz, wenn man einzelne Marginalisierungen so isoliert betrachtet. (Eine Verharmlosung wäre es also nur so lange, wie man darauf besteht, dass die Marginalisierung der Frau eine nicht weiter analysierbare Tatsache darstellt, und nicht ein hergestelltes und sich immer wieder neu herstellendes Faktum der sozialen Interaktion, wie es andere für den Unterschied von Mann und Frau annehmen.) Die Dinge gehören zusammen. Mit der reinen Zahl ist es so eine Sache: Von den vielleicht 5 Prozent Frauen in alten Anthologien, sind dann wie viele Texte besonders fromm oder beschäftigen sich mit dem häuslichen Kreis? (Man könnte ev. Mal diese inhaltlichen Fragen mit etwas Aufwand auch im Kleide des Formalen messen über Häufigkeitsstatistiken von Schlüsselworten wie Gott, Kind, Garten?) Doch nicht weil Frauen eben von Natur frommer sind oder desinteressierter an anderen Themen. Nein, weil man ihnen eben nur diese Themen zugestand. Eine Marginalisierung kommt selten allein und meistens entfalten sie im Bündel Wirkung.
    Wenn das, was Eagelton in seiner Lit.Wiss Einführung als die Grundlinie von Christevas Theorie ansieht, auf sie zutrifft (isolierte Texte von ihr selbst lassen mir diese große Linie kaum durchscheinen.) spielt auch eine Rolle, was wer eben an seinem Punkt für Erfahrungen macht und dass jemand anders das eben dann umlegen kann auf eine Qualitätsdebatte und damit nach eingeführten Normen immer schnell eine Chance hat, damit plausibel auszusehen. Aber das ist schon fast Exkurs. Du weißt diese Dinge im Grunde auch.

    Like

  7. lieber bertram,
    ehrlich gesagt hab ich deinen kommentar auch nicht verstanden. und der zweite kommentar macht zwar etwas klarer aber die sache für mich nicht besser.
    ich versuche zu erklären:
    die frage nach der interpretation von statistik ist tatsächlich wesentlich, ich vermute, ich glaube zu wissen daß wir uns da öfter einig wären als andersrum. einen trend geben die zahlen zwar her. der frauenanteil in lyrikanthologien ist signifikant gestiegen. von einem guten schnitt von 10 % bis vor 50 jahren zu um 30-40 in den letzten jahren. was bedeuten die zahlen? entweder gab es weniger frauen die schrieben (das kann man vermutlich widerlegen), oder sie haben weniger eingesandt (aber es gibt anthologien bei denen die herausgeber selber auswählen: storms gehört gewiß dazu, nachweislich auch mickel/endlers von 1966, oder polityckis auswahl der realpoesie. das sind unter den von mir ausgezählten sammlungen die mit der absolut niedrigsten frauenquote). dritte möglichkeit: ihre gedichte waren durchschnittlich schlechter, oder viertens, die männlichen herausgeber hielten sie für schlechter. für jede dieser vermutungen kann man untersuchungen anstellen. es gibt auch schon eine menge solcher untersuchungen. in den allermeisten fällen wären wir uns einig, über viele haben wir schon öfter gesprochen.
    ich glaube wir würden uns auch einig werden daß es für den unterdurchschnittlichen frauenanteil in allerlei früher von männern dominierten feldern handfeste rekonstruierbare ursachen gibt – in sozialen, in machtstrukturen. die uni greifswald hat grad die erste rektorin in ihrer geschichte. natürlich, früher haben sich keine frauen beworben. und für den zeitraum den ich persönlich überblicke könnte ich ne menge über herrschende mechanismen sagen mit denen die männliche vorherrschaft in der wissenschaft verlängert wird. die statistiken über frauenanteil a) bei studenten b) bei professoren liegen vor und sprechen für sich. ich hielte es auch keineswegs für überzogen wenn jemand sagte: 1990 wählten (männliche) sed-professoren in greifswald und berlin einen theologen zum rektor – warum? um schlimmeres, schnelleres zu verhüten, dafür gibts einiges material. und ist es abwegig das auch für die wahl weiblicher rektoren für möglich zu halten?
    über das meiste davon wären wir uns sicher einig. um so mehr verwundert mich dein eifer bei der abwehr der frage nach gründen für die unterrepräsentanz von frauen in anthologien (oder auf preislisten usw.). natürlich ist es nie so einfach: männer wählen halt männer aus. (ich erinnere mich an eine jury, bei der eine westdeutsche frau für einen ostdeutschen mann und ich für eine westdeutsche frau stimmte, mit einiger verve in beiden fällen). woran also liegt es, daß in 25 jahren lyrikjahrbuch nur 4 frauen und also über 20 männer herangezogen wurden. gab es nicht genug qualifizierte frauen? kaum anzunehmen. und ist es dann wirklich ein zufall, wenn in den 3 von frauen mitherausgegebenen jahrbüchern aus den letzten paar jahren sehr deutlich mehr frauen vertreten sind? über die ursachen kann man spekulieren, purer zufall wirds aber kaum sein.

    warum du, wenn wir uns vermutlich über das meiste hiervon einig wären, so nachhaltig dafür votierst, diese unterrepräsentanz mit der gereimter gedichte gleichzusetzen und also zu verharmlosen (klar würdest du das nicht sagen, das ist meine interpretation deiner verve hier oben), ist mir nicht klar geworden. ja, du sagst allen ernstes mit ausrufezeichen, da (beim reim) “ ist das Verhältnis noch krasser! “ das finde ich sonderbar, nein krass. vielleicht sollte man (du?) eine bewegung zur gleichstellung des reims gründen. sowas dauert, bei den frauen seit mehr als 100 jahren, aber am ende erreicht man was?! ich verstehe das motiv für deine vehemenz nicht. du nimmst eine abstrakte „marginalisierung“ an, bei der es dann egal ist ob es um reim, präpositionen oder andere kniffe oder macken (wie frausein) handelt. das kann nicht dein ernst sein.

    und noch ein detail, eine merkwürdige formulierung. simone hat sie schon angeführt. du schreibst, daß frauen „gefühlt“ öfter gedichte schreiben und dann auf einmal nimmst du den „durchschnitt“ nicht aus der überzahl sondern woher? meintest du vielleicht „normal“? ich zitiere: „Und wenns noch öfter nix brächte, als bei einem durchschnittlichen Schreiber möchte es bei Frauen eher die Angewohnheit geben zu warten bis frau gefragt wird?“

    tut mir leid, das ist nicht nur unlogisch bzw. mathematisch schlicht falsch, wie ich eben erklärt hab, sondern es ist auch eine merkwürdiges frauenbild, zu dem dich deine polemik treibt. man könnte es leicht aus deinen formulierungen klauben, erspafren wir uns das.

    Like

  8. Zunächst zu Deinem Fragezeichen: Mir geben die Veröffentlichungen des Frielingverlages, die ich Jahr für Jahr durchsehe, die Nationalbibliothek des dtspr. Gedichte (die zwar nicht nicht, aber doch wenig lektoriert ist) ebenso wie unverlangt eingereichte Manuskripte und Bewerbungen zu verschiedenen Gelegenheiten den Eindruck, dass endgereimt noch in großer Breite geschrieben wird, während es sich als repräsentativ verstehende Anthologien gibt, in denen so gut wie keines vorkommt (ich mag auch mal eins übersehen). Nun kann man nat. sagen, dass die erstgenannten Publikationen nicht unbedingt Inbegriff der Qualität sind, aber das ist ja gerne auch Zeichen wie Ursache von Marginalisierung: Wer arabisch aussieht, dem traut man eben nicht zu, dass er Arzt ist.
    „frauenanteil und anteil gereimter gedichte finden für mich nicht auf einer vergleichsebene statt.“ Schade, dass Du es nicht begründest. Ich versuche mal die Unterschiede herauszuarbeiten. Es gibt das Moment dewr Wahl. Ich kann mich entscheiden, etwas anderes zu schreiben, wogegen ich mich nicht (ohne weiteres) entscheiden kann, keine Frau zu sein. Der Unterschied ist wichtig, andererseits: Es sollte keinen Imperativ zur Anpassung geben. (Nicht nur!) in totalitären Systemen wird ja gerne das Unangepasste abgedrängt, weil diejenigen selbst schuld sind, weil ja jeder die Konsequenzen kennt.
    Der zweite entscheidende Unterschied den ich kenne: Die Marginalisierung der Frau ist global, während sich die Marginalisierung von bestimmten Arten von Lyrik (ich möchte mich ja nicht irgendwie an diesem Endreim festklammern) nur auf einem Feld sich abspielen. Allerdings hat das Feld Weiterungen. Wenn Lebensentwürfe schon nicht wie sonst ökonomisch hinterfragt werden, kann Misserfolg auf jemanden, dem erklärter Maßen dieses Feld das Zentrale ist, sehr einschneidende Konsequenzen für die praktische Lebensführung sein. Nicht jeder möchte gezwungen sein, dann eben ein „verkanntes Genie“ zu sein.
    Beide Unterschiede sind gegeben, ic bestreite das nicht, beide Unterschiede sind mit Vorsicht zu genießen. Aber sicher liegt bei jeder Marginalisierung der Fall ein wenig anders. (Die deutschen Dänen können sich z.B. nur schwer vorstellen, inwiefern die Sorben denn leiden, wo doch ihre finanzielle Sonderausstattung recht erheblich ist usw. während man von Sorbischer Seite vielleicht annimmt, dass die Dänen ja noch ein ganzes Land im Rücken haben usw.) Was ich aber schon öfters erlebt habe: Wenn der Versuch gemacht wird, das Thema von einer konkreten Marginalisierung auf Marginalisierungserfahrung zu leiten, weil man dann ev. Die vereinzelten gemeinsam reflektieren kann, kommt immer jemand und erklärt die Fälle für unvergleichtlich. Und in der Regel kommt dies von de(n)mjenigen dessen Marginalität als Rolle besser diskursiv verankert ist.

    Like

  9. ich habe auch an keiner stelle gesagt, dass es bei frauen entbehrlich wäre. dass mir endreime nicht taugen, sagte ich auch nicht. „ja, jein, nein“ bezog sich auf die von dir gennannte „reimfreiheit“ (in anthologien), ob sie sich für mich abbildet, ob sie,m.e. denn gegeben ist (weithin als fragezeichen zu lesen). wozu ich aber stehen kann: frauenanteil und anteil gereimter gedichte finden für mich nicht auf einer vergleichsebene statt.

    Like

  10. Ich weiß noch nicht genau, was ich Dir nachsehen soll. Bei den einreichungen ist es wie beim Frauenanteil: Ich halte, eh, ich hab doch keinen an der Waffel, das sicher nicht für etwas Essentielles mit dem aktiv/passiv. (Damit Du mir auch was nachsehen kannst: Sei nicht so alarmistisch! 🙂 Aber ganz genderneutral: Wer öfter Misserfolge bei Einreichungen hat, reicht vielleicht weniger ein, egal ob Männlein/Weiblein.
    Warum müsste man bei Reimen nachschauen wie viel es denn gab in den Einreichungen und bei Einreichnugen von Frauen ist das entbehrlich?
    Da verstehe ich den Unterschied nicht. Und auch hier wieder: Ich reiche, weil ich mit endgereimten Centos viele Misserfolge hatte zumindest immer auch noch andere Sachen ein, und seien es ungereimte Centos. Und die werden dann fast immer genommen.
    Und natürlich: Wenn Du dazu stehst, Endreime eben nicht so zu mögen: dann suche Dir eben andere Textmerkmale aus. Es gibt einfach viele verschiedene Dinge, die zur Marginalisierung führen.

    Like

  11. bertram, sieh’s mir nach, aber die vorbehalte gegenüber gereimten gedichten, ihr eventuelles aussparen oder ihr unterrepräsentiertsein auf eine vergleichsebene mit dem jeweiligen anteil an autorinnen in einer anthologie zu ziehen, funktioniert für mich nicht, erscheint mir seltsam, auch wenn der anstoß zur gegenüberstellung vielleicht unter ‚allgem. vorbehalte‘ zu suchen ist. und auch die angerissene frage, ob ‚frau‘ nicht doch eher gefragt werden möchte, sie sich mitunter und womöglich zurückhaltender zeigt (als die „durchschnittlichen schreiber“), geht in eine richtung, die frustran mit ‚aktiv‘ und ‚passiv‘ ausgeschildert ist. zudem und wenn du von „reimfreiheit“ sprichst: was den endreim betrifft, ja, jein, nein. um dazu etwas sagen zu können, müsste man – ähnlich wie du es anderweitig angeregt hast – zunächst wissen, wieviele einreichungen es jeweils gab, die mit metrum und endreim gearbeitet haben. und: man müsste diese texte lesen. u.a. binnen reimt es sich nach wie vor, meine ich.

    Like

  12. Ja schwer zu sagen, was die genauere Basis für eine Satistik abgäbe. Das Verhältnis der eingereichten Arbeiten zu den Abgelehnten? Eigentlich schreiben für mich nämlich gefühlt mehr Frauen Gedichte. Oder hat sich das geändert in den letzten Jahren? Andererseits: Es könnte sein, das Frauen sich das Einsenden kneifen. Unverölangt einsenden ist ja niemandem angenehm. Und wenns noch öfter nix brächte, als bei einem durchschnittlichen Schreiber möchte es bei Frauen eher die Angewohnheit geben zu warten bis frau gefragt wird? Andererseits, wenn sich an einem Drittelanteil beispielsweise schon eine deutliche Diskreminierung zeigt. Man blättere die gängigen Lyrikanthologien durch, z.B. nach Metrum und Reim. Da wäre die Marginalisierung noch krasser. Der Herausgeber mag sagen „Natürlich kann man heut auch Reinem, das ist ein wichtiger Bestandteil der heutigen Vielfalt des Gedichtes“. Ebenso wie er sagen würde: „Natürlich gibt es gute Gedichte von Frauen, gerade sie tragen zur heutigen Vielfalt des gedichts entscheidend bei“
    jenseits solcher Sonntagsbekenntnisse sieht die Lage aber ebenfalls anders aus. Und zwar ist das Verhältnis noch krasser! Wie wir eine Auswahl mit 10% Frauen etwas schel ansehen, ebenso schel könnten wir auf die Reimfreiheit etc. blicken (zumindest, wenn wir z.B. Thomas Kunst, Rosenlöcher oder oder gerne lesen), es gibt ein untergründiges Vorurteil, dass Gereimtes z.B. meist doch nicht ganz so gut ist. Die Kritik ist hier vor allem an der Untergründigkeit. Ein Herausgeber, der öffentlich ansagte: Reime nehmen wir ungern wäre mir lieber. Reim und Metrik hier nur, weil das leicht zu sehen ist leicht sehen ist.
    Ebenso ausgegrenzt werden Texte mit anderen Verfahrensaspekten. Schwerer zu messen und mühevoller: Die Länge einzelner Bilder, die nicht teilbar sind. Da gibt es vor allem ein oberes Limit, an das ich oft dranstoße. Es gibt ein Limit für Konjunktionen, Präpositionen, es gibt bevorzugte Vokabulare usw. Das wollte ich anticken …
    Soweit der epimetheischen Betrachtungen.

    Like

  13. Noch ein paar Zahlen:
    1912 Vom goldnen Überfluß (4. Ausgabe 111.-150. Tausend, zehn Jahre nach der ersten Ausgabe) 17,8 Prozent Frauenanteil. Nebenbei: Das gab’s auch mal – daß eine Lyrikanthologie nach zehn Jahren eine Auflage von 150 000 erreicht. 1920 Menschheitsdämmerung 4,2 Prozent (Else Lasker-Schüler allein unter Männern). 2003 Lyrik von jetzt 28,4 Prozent, 2008 Lyrik von jetzt zwei 52 Prozent.

    Like

  14. da fehlen exemplarisch: menscheitsdämmerung und auch das museum der modernen poesie – glaube da überwiegen die XY-genotypen auch überdurschnittlich.

    (nach 1-2 flapsigen einfällen, denen ich nicht stattgebe, also reine, nur frowen vorbehaltene gedichtsammlungen. was ja nicht so einschneidend und den buchhandlungen, die man nicht lieber nicht betreten sollte, wenn man unversehrt bleiben und sein y behalten möchte) – die frage, die sich mir jetzt spontan stellt und die mir eigentlich noch relevanter zu sein scheint, obwohl ich (mir noch) nicht erklären könnte, welche schlussfolgerungen das zuließe:
    – gibt es eigentlich mehr frauen in der lyrik oder in der prosa?
    bzw.: gibt es nicht mehr frauen die prosa schreiben als solche die lyrik/gedichte verfassen, zumindest im nicht amateurbereich? und warum?

    Like

      • natürlich hat die frage eine berechtigung – andererseits glaube ich, dass es offensichtlich ist, was damit gemeint war. ich kann hier und auch sonst nicht DIE widerspruchsfreie absolut gültige definitorisch normative abgrenzug der beiden bereiche liefern, die in der praxis eh eine schnittmenge aufweisen.

        falls dennoch notwendig oder unumgehbar: gemeint ist/sind – unabhängig der ihnen subjektiv unterschiedlich zugeschriebenen und objektiv beigemessen qualität – die, die in normalen, nicht zuschuss verlagen und printmedien veröffentlichen, veröffentlicht werden, im ggs. zu denen, die nur freizeitmäßig oder mit hoffnungen und ambitionen, eine persönlich-therapeutische funktion nutzend oder bestimmte ziele verfolgend, sich dem schreiben hingeben.

        hoffe, Ihnen mit dieser auskunft gedient zu haben.

        Like

    • na das ist ja mal eine definition!
      schön dass die „wirklichen“ dichter ohne hoffnungen und ambitionen sind. und sich nicht „freizeitmäßig“ „dem schreiben hingeben“ müssen, na und all das…… die richter sind hier die „normalen“ verlage, dank sei denen! normal. das sei uns die norm. sonst fiele man womöglich auf was therapeutisches rein, wie kunstzuwider wär denn das! schade dass nicht noch der zwingende maßstab von offiziellen preisen und aufenthalten in italienischen villen mitgenannt ist. man hätte noch ein wenig mehr orientierung und schutz vor amateuren…

      Like

      • ich ergänze: dazu noch der nichtwingende maßstab von offiziellen preisen und aufenthalten in italienischen villen sowie diversen inländischen künstlerhäusern und stipendiaten- … kemenaten, genau!

        Like

    • ganz bestimmt. hier ein schnelles teilergebnis. der name des Mitherausgebers daneben:
      1993 16,7 Gernhardt
      2006 27,5 Hummelt
      2007 34,3 Scheuermann
      2007 Jubiläum „Die besten Gedichte“ 25 Jahre 19,1 nur Buchwald
      2009 41,9 Uljana Wolf
      2011 39,1 Kathr. Schmidt

      Like

      • auch interessant: „Realpoesie“, Polityckis Auswahl „das Beste aus 20 Jahren“ in Das Gedicht 20 ist fast rein männlich: nur 2 von 20 sind von Frauen = 10 %. Back to the fifties!

        Like

    • was? daß es in fr.r.l. soviel sind will vielleicht ausgleichend wirken. daß es früher bei den herren wenig waren war, für sie, „normal“. ansonsten zeigt das bild sicher einen trend

      Like

      • ach so. ich habe mich ja eher darauf bezogen, dass Frauen immer noch so unterrepräsentiert sind. Und meiner bescheidenen meinung nach, liegt das nicht an der qualität ihrer texte.

        Like

Hinterlasse eine Antwort zu em.ma Antwort abbrechen

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..