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Veröffentlicht am 10. Januar 2011 von lyrikzeitung
Durchdringender noch als bei Heine lassen sich die Gedichte der Nelly Sachs, jene dunklen Lieder, gewoben aus der Sprache des Todes, als Erzeugnisse einer Poetologie des Schmerzes verstehen. In der Tat sind sie wesentlich entstanden aus der Erfahrung jenes grossen Leids, das der Holocaust für das Judentum bedeutete. Die Gedichte des Zyklus «In den Wohnungen des Todes», der 1943/44 im schwedischen Exil entstand und 1947 in einem vom Krieg zerstörten Deutschland erschien, gehören zu den eindrücklichsten dichterischen Verbalisierungen eines Schmerzes, der doch jede Möglichkeit dichterischer Versprachlichung übersteigen und, wie Adorno meinte, das schöne Gedicht überhaupt fragwürdig machen musste. Doch ihre förmlich durch die Vernichtung aufgebrochene Sprache wurde – gemeinsam mit der Lyrik des mit ihr befreundeten Paul Celan – zu den wortkräftigsten Widerständen gegen eben jenen Tod. / Andreas Kilcher, Tages-Anzeiger
(Dieser Text ist die gekürzte Fassung des Einführungsvortrags zur Ausstellung «Nelly Sachs. Flucht und Verwandlung», die bis 27. Februar im Strauhof Zürich zu sehen ist.)
Kategorie: Deutsch, SchweizSchlagworte: Andreas Kilcher, Heinrich Heine, Nelly Sachs, Paul Celan, Zürich
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