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Veröffentlicht am 22. Mai 2010 von lyrikzeitung
Es ist eine selten reflektierte Tatsache, dass, wie Kemp betont, „das berühmteste Gedicht der Moderne“, T. S. Eliots „The Waste Land“, im Münchener Hofgarten beginnt und auffallend pointiert Deutsches ins Spiel bringt. Das verdankt sich Eliots kurze, aber intensive Vorkriegserfahrungen in Marburg, wo er bei Edmund Husserl studierte. Und diese Verbindung von deutschen Erfahrungswerten mit der englischsprachigen Moderne setzte sich während der Weimarer Republik fort, nämlich im literarischen Schaffen Christopher Isherwoods, W. H. Audens und Stephen Spenders. Diese jungen Autoren genossen das im Gegensatz zum damaligen Britannien moralisch „freizügige“ Deutschland, das sie als einen einzigen „summer of love“ wahrnahmen. Die Licht- und Freikörperkultur der Weimarer Republik wirkte auf diese Autoren des „Jungen England“ ebenso magisch wie (sexuell und intellektuell, wohl in dieser Reihenfolge!) befreiend. Vor allem Isherwoods Berlin-Faszination ließ ihn literarisch zu einem Neoimpressionisten werden, der sich angesichts der überwältigenden Vielfalt dieser Metropolis mehr und mehr nur noch als eine schreibende „Kamera“ verstand. / Rüdiger Görner, FAZ 21.5.
Wolfgang Kemp: „Foreign Affairs“. Die Abenteuer einiger Engländer in Deutschland 1900–1945. Hanser Verlag, München 2010. 383 S., Abb., geb., 24,90 €.
Kategorie: Deutschland, Englisch, GroßbritannienSchlagworte: Berlin, Christopher Isherwood, Edmund Husserl, Marburg, München, Rüdiger Görner, Stephen Spender, T.S. Eliot, W.H. Auden, Wolfgang Kemp
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