46. Zitieren

Aus einem Gedicht wird nie ein Maschinengewehr, aber genausowenig ist die Poesie ein geschütztes Reservat, selbst wenn ich denn mit Preisen und Stipendien überhäuft werde. Der Anspruch ist, das Niveau zu halten, und das schließt ein, dass ich meine Position hinterfrage. Welche Gedichte werden prämiert, welche Konventionen bestehen? Jedes Gedicht setzt sich einem Generalverdacht aus, weil Sicherheit nicht nur als Bedürfnis gilt, sie wird zur Gefahr, wenn man sich auf Positionen zurückzieht, die Sicherheit versprechen.

Norbert Lange, Das Geschriebene mit der Schreibhand. Aufsätze. Leipzig: Reinecke & Voß 2010, S. 36

Jedes Zitieren verpflanzt, und verfälscht somit. Und es gibt Richtiges im Falschen. Ich zitiere, also bin ich. Position.

Noch einmal Norbert Lange:

Niemand würde von einem Tischler erwarten, dass er mit seinem Tisch zum Weltgeschehen Stellung nimmt, oder von dem Jobber im Call-Center, dass er in den Haushalten politische Aufklärung betreibt. Warum eigentlich nicht?

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