98. Lebt weiter…

sagt Peter von Matt im Tagesanzeiger, 21.1. Nämlich die Kultur : Kulturkritik … auch Lyrik. Und zwar auch ohne die Printmedien. (Überleben die’s auch?):

Seit die Printmedien in der Krise stecken, gehört es zu den Lieblingsbeschäftigung der Kulturkritik, ihren Untergang zu beklagen und darin eine Krise der Kultur insgesamt zu wittern. In diesem Sinne befragte gestern die Sendung «Kulturzeit» auf 3Sat den Literaturprofessor Peter von Matt zum Thema. Statt Kulturpessimismus bekamen die Journalisten aber eine gewohnt intelligente Analyse der Situation zu hören. So anerkannte von Matt zwar, dass der Raum für die klassischen Medien enger würde. Das sei aber weder das Problem des Publikums noch der Kultur selbst. Das Bedürfnis nach Kulturkritik sei nämlich nach wie vor da, nur hätten sich sowohl die Bedürfnisse wie auch die Informationskanäle verändert.

So konzentriere sich die öffentliche Debatte heute zunehmend auf die Highlights. Dennoch sei die Bandbreite kultureller Produktionen nicht schmäler, sondern eher breiter geworden. Und wofür in den Feuilletons kein Platz sei, dafür biete sich heute das Internet an. Als Beispiel führt von Matt die Lyrik an. Diese sei zwar inzwischen aus den Feuilletons verschwunden, habe aber im Internet eine neue Heimat gefunden, wo sie ihr Publikum findet und sie rege diskutiert wird. «Kulturkritik verschwindet nicht, sondern diversifiziert, verschiebt, verstreut sich.»

2 Comments on “98. Lebt weiter…

  1. also, die „printkrise“ gibts ja immer nur dort, wo zuerst viel geld investiert wird und darum dann auch viele verluste eingefahren, und kann eben sogar (oder erstrecht) bei suhrkamp-lyrik passieren, wenn eine mindestauflagenhöhe von 500-5000 expl zum guten ton gehört! ich hab schon suhrkrämpfe in ramsch-ecken & typischen berliner 1-euro-antiquariaten gefunden, die erst 1 einziges jahr alt waren! Und das, obwohl der autor zu dem zeitpunkt noch immer OMNIPRÄSENT in den einschlägigen schlagzeilen* war. das ist schon seltsam 🙂 sogenannte „kleinstverleger“ (steuerbefreit wie ich aufgrund der zu geringfügigen einnahmen) sind von apokalyptisch heraufbeschworenen printkrisen sogesehen NOCH NIE betroffen zu werden, bei uns liegt die krise eher im chaotischen vertriebssystem (oft nur über „direktvertrieb“ oder 1 einzigen buchladen, bei dem der verleger oder autor selbst gerngesehener gast/kunde ist) und im psychischen bereich, sag ich mal so… richtig finde ich die ansicht über die neuen virtuelle heimat für lyrik, um die mangelnde öffentliche debatte zu umgehen/kOMpensieren. mein topaktuellstes beispiel dafür ist das gedicht „HERBST“ von Hans Vogt, das nicht nur zu „promotionszwecken“ seit gestern online steht, sondern dadurch eben auch völlig neuen, bisher nie erreichten leserschaften zur verfügung steht (ob das dann genutzt wird, ist SEHR schwierig zu evaluieren):

    http://blogs.myspace.com/index.cfm?fuseaction=blog.view&friendId=482406116&blogId=526634575

    = Exklusiver Vorabdruck (im myspace-blog bei De Toys) aus dem zweiten blauen Heft „MEIN JAHRHUNDERT IN DER ZIVILISATION“ (arbeitstitel) von Karl-Johannes Vogt in der POEMiE-Edition „naHbell“ (G&GN-Verlag, Berlin-Neukölle), das mOMentan aus rein idealistischen Gründen entsteht, damit Vogts Werk nicht in Vergessenheit gerät. Als Auflagenhöhe werden „underground“-typisch zwischen 50 und 300 exemplare angestrebt, je nach Bestellung im Laufe der kOMmenden Jahre. Die Flexibilität der „Copy-art“-Methode (Printvorlage im Leitz-Ordner wird immer nur bei Bedarf entstaubt) ist ja quasi der Vorläufer von books-on-demand! Mehr über den deutschen literarischen underground und seine nie+nimmer-krisenstimmung erfährt man übrigens bei der russischen germanistin tamara xy, deren buch hier bei L&POe auch schon vorgestellt wurde, weiß leider nicht mehr genu, wann das war… michael: vielleicht kannst du den richtigen link setZEN ???

    als letztes möchte ich am rande erwähnen, daß es in diversen kreisen seit jahrzehnten bekannt ist, daß sich unsere kultur EIGENTLICH in einer umfassenden sogenannten „bewußtseinskrise“ befindet und es wesentlich weitreichender wäre, wenn die spezialisten (egal welcher disziplin!!!) ihre schöngeistigen scheuklappen abnähmen, um sich einen „peinlichen“ panoramablick zu gönnen. davon würde nämlich auch das bildungsbürger-publikum vorm fernseher profitieren: aufklärung statt abgeklärtheit. warum mir dabei der neue film „WHATEVER WORKS“ von woody allen einfällt, weiß ich jetzt bei bestem willen nicht 🙂

    * „einschlägige schlagzeilen“ = achtung, megaphon-message an tom von brese: falls dir das gefällt, sei’s wieder geschenkt! hast du mein wortspiel mit bombe (von der fakebook-statusmeldung im frühling) eigentlich inzwischen wie geplant in einem gedicht verewigt??? würde mich riiiiiesig freuen, das endergebnis lesen zu dürfen!!!!

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  2. Die Lyrik hätte im Internet auch Heimat gefunden, wenn sie nicht »aus den Feuilletons verschwunden« wäre. Und »rege diskutiert«: auch so eine nicht haltbare Entschuld(ig)ungsfloskel.

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