119. Gedichte aus mathematischen Gründen

Mathematik und Literatur gehen nicht zusammen. Die Literatur kennt keine Formeln, wie etwa eine Erzählung aufzugehen hätte, nur ungefähre Rechnungen, an die man sich halten sollte. Das Ergebnis ist dann nicht unbedingt richtig, mit ein wenig Glück aber wenigstens ganz gut.

Alfred Schreiber gelingt das Kunststück, doch beides unter einen Hut zu bringen, wenn auch nicht im oben angedeuteten Sinne einer Lösung, wie etwas zu verfassen wäre. Indem er Gedichte nach mathematischen Bewandtnissen absucht, diese literatur- und ideengeschichtlich beleuchtet und nicht zuletzt mit seinen fachlichen Kenntnissen als Mathematiker kommentiert, bringt er beides zusammen. Das darf man ruhigen Gewissens als Marotte bezeichnen, eine im besten Sinne. In ihr erweist sich Schreiber als ausgesprochene Koryphäe. Von Menschen seiner Art können die Künste gar nicht genug haben, denn nichts ist geeigneter, den Blick zu schärfen, als der Blick aus einer ganz anderen, völlig unerwarteten Perspektive. »Die Leier des Pythagoras« ist wie ein Biotop, in dem jedes Gedicht mit Mathematik gedüngt auf ganz neue Art zur Geltung kommt. So gelingt eine außergewöhnliche Fundgrube für Literaturliebhaber genauso wie für mathematisch Interessierte, da kommt sich nichts in die Quere, ganz im Gegenteil: Beide noch so widersprüchlich anmutenden Gebiete gewinnen voneinander. Die Mathematik wird da poetisch und die Poesie – die Poesie ist seit jeher allem gegenüber offen, auch dem Widersprüchlichsten. / Iven Einszehn, junge Welt 24.10.

Alfred Schreiber (Hrsg.): Die Leier des Pythagoras – Gedichte aus mathematischen Gründen. Verlag Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2009, 244 Seiten, 19,90 Euro

 

3 Comments on “119. Gedichte aus mathematischen Gründen

  1. danke für diesen top rück klick, hatte ich im november tatsächlich übersehen, werd ich mir evtl kaufen. schade daß du hier in der zeitung kein beispiel-gedicht aus der sammlung bringen kannst plus schreibers mathematischer erläuterung. nur 1 einziges beispiel wäre ja schon ein bonbon…

    Like

      • sehr gern nehme ich das an. Schreiben Sies einfach in den Kommentar, und ich nehme es gleich in eine eigene Meldung, damit mans besser findet.

        Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..