26. Stimme aus Italien

Endlich wieder eine unverwechselbare Stimme aus Italien! Nach Eugenio Montale, Giuseppe Ungaretti und Umberto Saba, dem Dreigestirn der klassischen italienischen Moderne, kam – außer Pier Paolo Pasolini – lange Zeit nichts Aufregendes, so schien es. Derweil schickte sich Patrizia Cavalli, geboren 1974 in Umbrien an, ihre Gedanken in rhythmischen Wohlklängen kundzutun. Die Edition Akzente bietet eine beeindruckende Werkschau ihrer fünf Gedichtbände, ergänzt durch ein Vorwort des Übersetzers Piero Salabè und ein Nachwort des Philosophen Giorgio Agamben. Die Römerin Patrizia Cavalli schlüpft elegant und ironisch in die Rolle der zerstreuten Müßiggängerin. Ihr lesend folgen heißt: Zwischen Licht, Wolken, Himmel und Glanz flanieren und plötzlich einen Betrug, eine Täuschung wahrnehmen oder einen alltäglichen „Fettgestank“. Bei allen eingestreuten Übeln wie Gesundheit als Krankheit erklingt eine traumhaft gelassene Melodie der Sinne: „ungebunden, frei umherschwirrend, einsam und grenzenlos“. Wären nicht die geschickt platzierten Enjambements, die das Ich mitten im Tagtraum über „Stacheldraht der moralischen Viertel“ stolpern lassen oder über den blechernen Lärm der Welt, der Leser wähnte sich freischwebend im Strom der hellen Vokale, Assonanzen, Reime und gleitenden Übergänge. / Dorothea von Törne, Die Welt 7.11.

Patrizia Cavalli
Diese schönen Tage.
Aus dem Italienischen von Piero Salabé. Hanser, München. 154 S., 14,90 Euro.

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