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Und so schwanken auch die literarischen Begegnungen auf dem Festival zwischen der Bewunderung eines grandiosen kulturellen Erbes und der schwer zu fassenden politischen Realität der arabischen Welt. Der Begriff selbst lässt unbestimmt, was er doch anerkennend zusammenfassen möchte.
Zu ihrer Eröffnungsrede wunderte sich die indische Schriftstellerin Arundhati Roy auf charmante Weise darüber, warum sie mit ihrer Rede (siehe FR vom 10.9.) ein Festival eröffnete, das doch zu Ehren der arabischen Literatur abgehalten werden solle. Iranische Autoren sind mit von der Partie, doch wehren sich gerade Iraner vehement gegen die Zuordnung zur arabischen Welt.
Der in Berlin lebende irakische Schriftsteller Najem Wali wiederum hat in seinen unlängst erschienenen Reisereportagen die Geschichte der irakischen Juden erzählt und darüber hinaus deutlich gemacht, wie synthetisch und von machtpolitischen Interessen geleitet unter Saddam Hussein irakische Kultur- und Sprachpolitik instrumentalisiert wurde.
Die arabische Welt gibt es nicht, und das Literaturfestival Berlin ist der Ort, auf dem die unterschiedlichen Lesarten von Mangel, Leerstelle und Vielfalt kenntlich gemacht werden. Zu Beginn hat Joachim Sartorius, der Leiter der Berliner Festspiele, von der Überforderung der Kultur durch die Erwartung versöhnender Aspekte gesprochen und die Hervorbringung des Fremden als wesentliche Leistung von Literatur hervorgehoben. Das ilb liefert das Material dazu auf beeindruckende wie irritierende Weise. / Harry Nutt, FR 16.9.
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