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Veröffentlicht am 10. September 2009 von lyrikzeitung
Das wichtigste Literaturspektakel des kommenden Herbstes sollte umbenannt werden. „Frankfurter Buchmesse, Ehrengast China“ stimmt nicht mehr so ganz. „Pekinger Buchmesse, diesmal zu Gast in Frankfurt“ wäre ehrlicher. Denn die Kommunistische Partei Chinas hat bei der Frankfurter Buchmesse teilweise die Kontrolle übernommen.
Dies aber mit bewundernswerter Direktheit. Die Chinesen bestimmen, welcher Chinese in Frankfurt reden darf und wer nicht. Die Einladungspolitik der Frankfurter Buchmesse wird neuerdings von der obersten Zensurbehörde in Peking geprüft, verworfen, korrigiert und neu formuliert, ganz nach dem Gutdünken der Genossen. Ein Anruf genügt. Oder, in schweren Fällen, der Besuch eines Kaders im Pekinger Verbindungsbüro der Buchmesse. Dann aber werden der Partei unangenehme Störenfriede sofort von der Rednerliste gestrichen. …
Die Frankfurter Buchmesse sollte nach diesem unrühmlichen Auftakt der Gastrolle Chinas mehr chinesische Exilschriftsteller einladen und mehr Tabuthemen auf die Rednerlisten setzen als ursprünglich geplant. Eine mögliche Debatte darüber, wie es zur Absage des offiziellen Chinas habe kommen können, wäre dann genauso lehrreich über den Zustand der chinesischen Literaturszene wie die jetzige Debatte über das Ausladen von Dissidenten. / Henrik Bork, Süddeutsche 10.9.
Kategorie: China, DeutschlandSchlagworte: Frankfurt/ Main, Frankfurter Buchmesse, Politik, Zensur
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