91. Neue Lyrik aus Deutschland 1: Mirko Bonné

Die Szene ist aufgeladen mit einer Trauer über Vergangenes, und diese melancholische Grundierung haben viele Gedichte Bonnés, spürbar sind öfter kleine biografische Risse. Etwas ist zu Ende gegangen, war es eine Liebe? Über die Gegenwart legen sich Erinnerungen, wie Mehltau, von ferne tauchen Kindheitsmomente auf, Bilder eines längst historischen Glücks, darunter eine heitere Begegnung mit dem verstorbenen Lyriker Thomas Kling. Aus neuerer Zeit sind es Augenblicke mit den Kindern, die nach dem Spiel wieder wegmüssen, nach Hause. Wespen sind unterwegs, aber sie scheinen müde, in hoher Zahl sind auch Vögel zugegen, mitunter ratlos oder heiser. Die biografischen Lädierungen werden nicht benannt, sie werden umspielt, umsprochen, sie teilen sich mit durch haarkleine Verschiebungen in der Sprache und im Spiegel von Naturbeobachtungen. «Die Republik der Silberfische» zählt einige wunderbare Gedichte, präzis und zugleich schwebend, mit grossem Gespür für Klang und Assonanz. Dazwischen finden sich aber auch Gedichte, die etwas gesprächig sind und fast zu viel erzählen. / Martin Zingg, NZZ 28.7.

Mirko Bonné: Die Republik der Silberfische. Gedichte. Schöffling-Verlag, Frankfurt am Main 2008. 110 S., Fr. 32.90.

Mehr: Mirko Bonnés vielschichtiger Roman «Wie wir verschwinden», NZZ 22.7.

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