Pro und Kontra

Anläßlich der Auktion ist ab Dezember 2002 vor allem in den USA und in Frankreich eine Vielzahl von Petitionen, Protestschreiben, Flugblättern usw. erschienen. Allen diesen Pubkationen gemeinsam ist ein z.T. beinahe entsetztes Bedauern darüber, daß Bretons Sammlungen in alle Welt zerstreut werden sollten, sowie eine heftige Empörung über den französischen Staat, der seit Bretons Tod kein Interesse an der Erhaltung des Nachlasses bekundet und sein Engagement darauf beschränkt hat, einige sog. Spitzenwerke aus der Erbmasse zu erwerben. In vielen Protesten gegen den Ausverkauf wird hingegen der enbloc-Erhalt von Bretons einstigen Besitztümern als nationales Kulturerbe, die Herrichtung seiner ehemaligen Wohnung als Gedenkstätte und sogar ein eigenes Breton-Museum verlangt. Unterstützt wurden diese Forderungen u.a. von Jacques Derrida, Michel Butor und Kenneth White, die auch ein Breton-Wachsamkeits mitinitiierten. Gegen derartige Postulate, die zumeist von nichtsurrealistischen Intellektuellen (unter ihnen sehr prominente) ausgingen, stellte sich ein Teil der noch lebenden Surrealisten, die teilweise, wie etwa diejenigen in den USA, noch überaus aktiv sind. So polemisierte die US-amerikanische Surrealistengruppe in ihrem Flugblatt Surrealism Is Not For Sale von Januar 2003 vehement gegen die Museifizierung des Surrealismus mittels eines Breton-Museums.
Ähnlich äußerte sich Anfang Februar eine Anzahl ehemaliger Mitglieder der Pariser und verschiedener anderer Surrealistengruppen in ihrem Flugblatt Le Grimoire sans la formule, das die Unvereinbarkeit von bürgerlichem Staat und Surrealismus, von Surrealismus und nationalem Kulturdenken hervorhebt. Eine analoge Position vertrat auch, in zwei individuellen Stellungnahmen, Fran#### mon, ehemaliges Mitglied der Pariser Surrealistengruppe: Breton-Museum? Diese Eventualität hat etwas, das einen schaudern läßt. […] kein Museum, keine Stiftung, kein Kunstsammler kann den Ort [d.h. Bretons Wohnung] wieder zum Leben erwecken. Während der Streit um Bretons materielles Erbe wochenlang die Seiten der französischen Tageszeitungen füllte und auch in ausländischen Medien sein Echo fand, meldete sich der größte Teil von Bretons noch lebenden ehemaligen einstigen Mitstreiter/inne/n öffentlich nicht zu Wort nicht aus Gleichgültigkeit, sondern offensichtlich ratlos angesichts der gegebenen Alternativen: Vereinnahmung des Breton-Erbes durch einen als Feind des Surrealismus betrachteten Staat oder Verstreuung des kostbaren Nachlasses in alle Winde.

Diesen zusmmenfassenden Bericht hat Heribert Becker freundlicherweise zur Verfügung gestellt. / 18.4.03

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