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Aber Däublers Haupt- und Lebensstück, das lyrische Großepos „Das Nordlicht“, ist so gründlich verschollen, dass es selbst im „Zentralen Verzeichnis Antiquarischer Bücher“ kaum Spuren hinterlassen hat. Sehr zu Unrecht, denn dieses ebenso großartige wie törichte Gedicht ist eines der größten deutschen Sprachexperimente, „halb Pyramide und halb Urwald“, wie Däubler selbst meinte. Das Gedicht soll nicht weniger als die Geschichte der gesamten Schöpfung erzählen, von der anfänglichen Trennung der Erde von ihrer Mutter, der Sonne, bis zur künftigen Vereinigung im Kosmus unter dem Zeichen des Nordlichts. Vollständig erschienen ist „Das Nordlicht“ zum ersten Mal 1910 (Florentiner Fassung), dann, nach einer durchgreifenden Umarbeitung zum zweiten Mal 1921 (Genfer Fassung). Bis 1930 arbeitete Theodor Däubler an der dritten, der „Athener Fassung“. Sie blieb allerdings ungedruckt und liegt heute im Goethe-Schiller-Archiv in Weimar. Der Dresdner Literaturwissenschaftler Walter Schmitz hat nun zusammen mit Stefan Niehaus (Universität Bari) und Paolo Chiarini (Universität Rom) mit der ersten Gesamtausgabe der Werke Theodor Däublers begonnen. Nachdem einer Reihe großer deutscher Verlage das finanzielle Risiko einer solchen Edition als zu groß erschien, hat nun der Dresdner Kleinverlag Thelem ( http://www.thelem.de ) die Ausgabe übernommen, deren erster Band, eben „Das Nordlicht“ in drei Fassungen und Teilbänden sowie einem Kommentarband, gegen Ende dieses Jahres erscheinen könnten – vorausgesetzt, es finden sich hundertzwanzig Subskribenten für die Gesamtausgabe. / Süddeutsche Zeitung 11.4.02
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