Das Archiv der Lyriknachrichten | Seit 2001 | News that stays news
Veröffentlicht am 5. Februar 2002 von rekalisch
Zwanzig Jahre hatte er an einer deutschen Version der «Divina Comedia» (immer unterschied er an der ungewohnten, aber historisch korrekten Schreibung des Wortes mit einem m den Kundigen vom Ahnungslosen) gearbeitet, mit der er nicht etwa Dante ins Deutsche hatte übersetzen, sondern die literarhistorische und sprachgeschichtliche Lücke hatte heilen wollen, die das Fehlen eines deutschen Dante im ausgehenden Mittelalter hinterlassen hatte.
So klang sein Dante, wie er hätte klingen können, wenn es einen solchen um 1300 denn gegeben hätte. Das Resultat seiner so stupenden wie vergeblichen Arbeit ist ein Werk in einem fiktiven Oberdeutsch, das er in einer eher peinlichen Audienz sogar dem Duce überreichen durfte. Bis 1943 lebte er einigermassen unbehelligt in Italien, seit 1943 aber, als die Macht de facto ganz an die Deutschen überging, war Borchardt wegen seiner jüdischen Vorfahren gefährdet. / Hans-Albrecht Koch, NZZ 5.2.02
Rudolf Borchardt – Rudolf Alexander Schröder : Briefwechsel. In Verbindung mit dem Rudolf-Borchardt-Archiv bearbeitet von Elisabetta Abbondanza. Edition Tenschert bei Hanser, München 2001. Band I: 1901-1918; Band II: 1919-1945. 740 S. bzw. 707 S., je Fr. 112.-.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Dante, Hans-Albrecht Koch, Rudolf Borchardt
Kann zu diesem Blog derzeit keine Informationen laden.
Neueste Kommentare