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Veröffentlicht am 23. Februar 2001 von lyrikzeitung
Die Ästhetik von Ovids „Metamorphosen“ sei der asiatischen Weltsicht näher als der abendländischen Tradition, meint Yoko Tawada. Im Japanischen gibt es bekanntlich kein selbständiges Pronomen für „ich“, auch der Begriff „Identität“ taucht allenfalls im psychiatrischen Fachjargon auf. Die buddhistische Vorstellung der Wiedergeburt kennt kein in sich geschlossenes Ich, sondern eine endlose Abfolge von Verwandlungen, auch über Gattungsgrenzen hinweg. Im christlich geprägten Europa dagegen ist jeder Mensch ein einmaliges Wesen, dessen Existenz einen Anfang und, in der Heilslehre, ein Ziel hat. Mit „Opium für Ovid“ durchbricht Yoko Tawada die Erwartung der europäischen Leser, denn alle Regeln von Kausalität und Zusammenhang sind aufgehoben. „Ich konnte dieses Buch nur auf
Deutsch schreiben. Im Japanischen hätte ein solches Experiment keinen Sinn gehabt.“ / NZZ 23.2.2001
Kategorie: Deutsch, Deutschland, JapanSchlagworte: Ovid, Yoko Tawada
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