Nur Hirtenvölker bevorzugen die Poesie

Die beiden Star-Poeten gelten als schwierig. Sie geben nur ungern Interviews. Spontan schon gar nicht. Der 72-jährige, in Paris lebende Syrer Adonis, der mit seinen Gedichten ein Brückenbauer zwischen Tradition und westlicher Moderne ist, sieht mit der schwarzen Sonnenbrille und dem dicken, legeren Schal um den Hals wie eine stilvolle Wiederauferstehung des großen Baudelaire aus.

Sein palästinensischer Kollege Machmud Darwisch, der „ungekrönte König unter den königlich verehrten Dichtern“, der in seiner Heimat wie ein Mythos verehrt wird, schreitet langsam und bedächtig, lächelt höflich und zurückhaltend. Unterm Arm hält er den gerade im Ammann Verlag in deutscher Übersetzung erschienen Band „Wir haben ein Land aus Wörtern“.

Auf die Frage, ob Lyrik in der arabischen Welt das sogenannte Herz der Kulturen sei, antwortet Darwisch ein wenig schelmisch, dass der Roman an Dominanz gewinne und die Poesie zum Glück auf dem Rückzug sei: „Nur ein Hirtenvolk drückt sich poetisch aus. Wir sind Gesellschaften, die modern werden.“ / NORA SOBICH, Märkische Allgemeine 1.11.02

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