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Veröffentlicht am 20. November 2025 von lyrikzeitung
Georg Leß
es muss ein Wolf gewesen sein
sonst wär sie ja nicht querfeldein
zurück in ihre nackte Sicherheit
und hätte sich nicht so in Richtung Mond gesträubt
es muss ein Wolf gewesen sein
sonst hätte sie die Augen wohl kaum im Gezweig
oder am Birkenstumpf das halbe Bein, sonst wär
ihr von der Frau in Weiß nicht dieser Vorzeitkeim
und dieses visionäre Anästhetikum
ich sage euch: die Eck-, die Reiß-, die Schneid-
es glaubte ihr die Frau in Weiß erst in der Dämmerung
sie glaubte an die Frau in Weiß, da wurde ihr geglaubt
ich sage euch: der Stabs-, der Sturm-, der Haupt-
ich sage euch: einen Verein! das Fell unter der Haut!
los, zu den Heldinnen und Helden, Wäldern und Skalpellen
es muss ein Wolf gewesen sein
Aus: Georg Leß: Schlachtgewicht 2: die Verschwiegenen. Gedichte. Köln: parasitenpresse, 2025 (lyrikreihe 111), S. 26
Georg Leß wurde 1981 in Arnsberg geboren und lebt in Berlin. 2024 wurde er mit dem Dresdner Lyrikpreis ausgezeichnet.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: deutscher Lyriker, die Verschwiegenen, Dresdner Lyrikpreis 2024, Frau in Weiß, Gedichte 2025, Gegenwartslyrik, Georg Leß, Gewaltmotive, Körperpoetik, Lyrikreihe 111, Lyrikzeitung, Märchenmotiv, moderner Wolf-Mythos, parasitenpresse, poetische Erzählung, Schlachtgewicht 2, Waldmetaphorik
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