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Veröffentlicht am 20. September 2025 von lyrikzeitung
Heute wäre Adolf Endler 95 geworden.
Verse echter Dankbarkeit
Eine Magistratsangestellte Mitte der Siebziger zum Autor:
"Ich höre, Sie sollen jetzt auch eine Wohnung bekommen...
Ihre Gedichte werden dann hoffentlich anders aussehen!"
Bald fünfzig; und nicht länger nur Gekrächz und Poescher Rab' ich;
Denn eine Wohnung endlich, eine eig'ne Wohnung hab' ich!
Ein and'rer Kerl scheint man geworden: Vorwärtsstürmend gab ich
Mein Ehrenwort, daß künftig keinen einz'gen weiter'n Stab ich
– Auch Staates Sicherheit nie wieder untergrab' ich... –
Über die Heimatstadt zu brechen wagen will, Frau Zapich!
Ja, durch die Straßen als ein nagelneues Wesen trab' ich;
Mich an der Interessantheit blühender Hauptstadt lachend lab' ich;
Mit reif'rem Werk lob' unser'n Alex (nicht den Baobab) ich;
Plumps! war im Eimer meine Lust auf Plowdiw oder Plöhn...
Ich han min Lehen!, Leute, eine Wohnung, Wohnung hab' ich!
(Tönt's nicht schon kräftiger, mein Lied, nicht fast schon wunderschön?)
(1975/1984)
Aus: Adolf Endler: Der Pudding der Apokalypse. Gedichte. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1999, S. 152
Kategorie: DDR, Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Adolf Endler, Alex Berlin, Berliner Magistrat, DDR-Literatur, Der Pudding der Apokalypse, Humor in der Lyrik, ironische Dichtung, Ostberliner Lyrik, Poesie und Wohnungsfrage, Satirische Gedichte, Suhrkamp Gedichtband, Verse echter Dankbarkeit, Wohnung in der DDR
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