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Heute vor 500 Jahren wurde Thomas Müntzer für seine Rolle beim Thüringer Bauernaufstand hingerichtet. Aus dem Anlass eine kurze Einführung, ein zeitgenössischer Bericht und ein Epigramm.
Die Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525 war der Wendepunkt und das blutige Finale des Deutschen Bauernkriegs. Unter der Führung des radikalen Reformators Thomas Müntzer versammelten sich Tausende aufständische Bauern und städtische Handwerker in Thüringen, um gegen soziale Ungerechtigkeit, feudale Unterdrückung und kirchliche Machtstrukturen zu kämpfen. Müntzer, der sich von Martin Luther abgewandt hatte, predigte eine gewaltsame Umgestaltung der Gesellschaft im Sinne göttlicher Gerechtigkeit.
Die Aufständischen, schlecht bewaffnet und militärisch unerfahren, errichteten eine Wagenburg auf dem Schlachtberg bei Frankenhausen. Dort trafen sie auf ein vereintes Fürstenheer unter der Führung von Landgraf Philipp von Hessen und Herzog Georg von Sachsen. Trotz eines vereinbarten Waffenstillstands griffen die fürstlichen Truppen überraschend an. Die Bauern wurden überrumpelt, in Panik versetzt und massenhaft niedergemetzelt. Schätzungen zufolge starben etwa 6.000 Aufständische, während die Verluste der Fürsten minimal waren.
Thomas Müntzer wurde nach der Schlacht gefangen genommen, auf der Festung Heldrungen gefoltert und am 27. Mai 1525 in Mühlhausen öffentlich enthauptet. Sein Tod markierte das Ende des organisierten Bauernwiderstands in Mitteldeutschland. Während Müntzer in der DDR als revolutionärer Märtyrer verehrt wurde, galt er im Westen lange als fanatischer Aufrührer. Heute wird seine Rolle differenzierter betrachtet – als Symbol für den radikalen Flügel der Reformation und als Mahnmal für die Grenzen revolutionärer Gewalt.
Aussagen des Wiedertäufers Hans Hut über die Schlacht bei Frankenhausen
Der Müntzer hätte am Sonntag, als am Montag die Bauern geschlagen worden wärn, zu Frankenhausen gepredigt: Gott der Allmächtige wollte jetzo die Welt reinigen und hätte der Oberkeit den Gewalt genommen und den den Untertanen gegeben. Da würden sie schwach werden, wie sie denn schwach warn, und sie, die Oberkeiten, würden bitten, aber sie sollten ihnen keinen Glauben geben, denn sie würden ihnen kein Glauben halten, und Gott wäre mit ihnen, denn die Bauern hätten an einem jeden Fähnlein ein Regenbogen gemalt geführt. Hätte der Müntzer gesagt, das wäre der Bund Gottes. Und als der Müntzer den Bauern obgemeldetenmaßen drei Tag nacheinander gepredigt, wäre allwegen ein Regenbogen am Himmel um die Sonnen gesehen worden. Denselben Regenbogen der Müntzer den Bauern gezeigt und sie getröstet und gesagt, sie sehen jetzo den Regenbogen, den Bund und das Zeichen, daß es Gott mit ihnen haben wollt. Sie sollten nur herzlich streiten und keck sein. Und er, Hut, habe den Regenbogen auch gesehen.
Aus: Kaiser, Gott und Bauer. Die Zeit des Deutschen Bauernkrieges im Spiegel der Literatur. Berlin: Verlag der Nation, 1975, S. 494
Heinrich Anselm von Ziegler und Kliphausen
(* 6. Januar 1663 in Radmeritz, Oberlausitz, heute in Polen; † 8. September 1697 in Liebertwolkwitz, heute Leipzig)
Thomas Müntzer
Hier ruht der Schwärmer Haupt, der Bauern Arme-Ritter,
Es schmeckt ihm zwar der Tod, wie seinen Brüdern, bitter.
Doch glaubt: es sei sein Geist nicht gänzlich beigelegt,
Weil er sich heute noch in mancher Seele regt.
Aus: Wir vergehn wie Rauch von starken Winden. Deutsche Gedichte des 17. Jahrhunderts. 2. Band. Berlin: Rütten & Loening, 1985, S. 335
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