Vita Kafkas

L&Poe Journal – Neue Texte

Florian Voß


Vita des Herrn Kafka ab dem Jahre 1922



Nachdem im Dezember 1922 an der Charité in Berlin das Penicillin durch Selmar Aschheim entdeckt wurde, begab sich Franz Kafka dort unverzüglich in Behandlung. Im Zeitraum der Therapie lebte Kafka mit seiner Freundin Dora Diamant in der Grunewaldstraße 13 (Steglitz).


Nach seiner vollständigen Genesung zog er zurück zu seinen Eltern nach Prag. Da er dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen war, arbeitete er nur noch halbtags in der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt und konzentrierte sich auf sein Schreiben. 1930 erschien dann sein achtzigseitiger Kurzroman „Vor der Verhandlung“ bei Ernst Rowohlt Berlin.


Im darauf folgenden Jahr zog Kafka, nach dem Tod seines Vaters, erneut nach Berlin, wo er sich auch seiner ehemaligen Geliebten Dora Diamant wieder annäherte. Die nächsten Monate wohnten die beiden in der Cranachstraße 5 in Neu-Friedenau, bevor sie sich gemeinsam mit Kafkas Freund Max Brod nach Palästina einschifften. Dieser Entschluss wurde nicht zuletzt durch den erstarkenden Antisemitismus in der Reichshauptstadt begünstigt.


In Palästina angekommen lebten die Drei die Zeit bis zum Kriegsausbruch in dem Kibbuz Bet Sera. Kafka arbeitete nebenher als Filmkritiker für deutsche Emigrantenzeitungen und veröffentlichte 1939 – fünf Tage vor Kriegsausbruch – sein Hauptwerk, den mehr als achthundert Seiten zählenden Roman „Das Schloss“ in dem kleinen Tel Aviver Verlag Salman Schocken.


1943 trennte sich Kafka von Dora Diamant und zog nach Jerusalem, wo er bis 1947 die Zeitschrift „Stern und Siegel“ herausgab, die eine der wichtigsten Publikationsorte für deutschsprachige Schriftsteller in der Emigration wurde. Zugleich versank Kafka in tiefe Depressionen, da er über den Verbleib seiner Familie nichts herausfinden konnte. Erst 1946 erfuhr er über Max Brod, dass seine drei Schwestern in der Todesmaschinerie der Nazis umgekommen waren.


Seinen Schwestern setzte er daraufhin ein Denkmal mit dem legendären Spätwerk „Schattenlabyrinth“, das Kafka in den Jahren bis 1954 schrieb, und das nach langer Verlagssuche 1957 bei Hanser in München erschien. Das Buch wurde der Überraschungserfolg der Frankfurter Buchmesse 1957 und Kafka wurde in allen großen Kulturbeilagen eingehend und begeistert als die Wiederentdeckung des Jahrzehnts gefeiert.


Nicht zuletzt diese späte Anerkennung bewog den mittlerweile 74jährigen nach Europa zurückzukehren. Er wohnte die letzten Jahre seines Lebens in Grünwald bei München in einer Einliegerwohnung der Villa eines wohlhabenden Gönners.


1962 veröffentlichte Kafka einen letzten Band mit vier späten Erzählungen und im selben Jahr schrieb er für die FAZ die erste deutschsprachige Kritik über eine Popgruppe, die den Namen „The Beatles“ trug.


Franz Kafka starb im Alter von 81 Jahren am 1. Februar 1964 in München.


In seinem Nachlass fand sich kein einziges unveröffentlichtes Manuskript.

Siehe auch https://www.florianvoss.com/zone-1/

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