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Veröffentlicht am 23. September 2024 von lyrikzeitung
Ludwig Greve
(* 23. September 1924 in Berlin; † 12. Juli 1991 vor Amrum)
September
Heute! Im spiegelnden Fluß
haben die Ufer Zeit.
Sind die Bäume zum Fest
eben an Land gestiegen?
Blätter, dem Licht wie Tropfen verschwistert,
hüllen sie ein.
Aber soviele Brüste
verraten die Göttinnen,
Pflaumen mit keusch beschlagener Haut
und Birne an üppiger Birne –
der Hand, wie zum Betteln geöffnet,
oder den Lippen süßer?
Aller Erinnerung
sind jetzt die Gärten gewachsen.
Die Fülle bereitet Schmerz
und lindert ihn, wo die Astern dorren;
mitten im Lila, dem dunkel
auferstandenen Licht des Sommers,
blendet der neue Tag
und trocknet wie Augen sie.
Er ist der Vater.
Noch stehen seine Geschöpfe
unter dem großen Blick,
leben im Gleichmut; die Bläue
hebt ihre Sterblichkeit auf und macht
das Verlorene wahr.
Dann wird die Sonne schwerer
und hängt inmitten des grün
entfalteten Baums
als eine der Früchte.
Der Schatten daneben
duftet nach Holz und Wein.
Aus: Ludwig Greve: Die Gedichte. Herausgegeben von Reinhard Tgahrt in Zusammenarbeit mit Waltraud Pfäfflin. Mit einem Nachwort von Harald Hartung. Göttingen: Wallstein, 2006, S. 38
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Ludwig Greve
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