Karel Hlaváček

Er war ein junger Dichter und Maler in der Epoche der Dekadenz. Er starb mit 23 an Tuberkulose. 15 Jahre vor Franz Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ schrieb er einen Text, in dem sich ein Häftling in eine Spinne verwandelt.

Karel Hlaváček 

(Geboren am 24.* August 1874, heute vor 150 Jahren, in Prag; gestorben am 15. Juni 1898 ebenda) 

Karel Hlaváček: Selbstbildnis (Mein Christus)

*) andere Quellen schreiben 29. oder auch 23. August

Rachegesang

Schöne Manon, Ihr schüchterner Abbé ist das nicht mehr,
der zu Euch kam: Ihr kränkeltet und langweiltet Euch sehr,

war er bei Euch, so hofftet Ihr, daß er den Mut nun finde,
Euch zu erzähln – wie er versprach – von gelber Rosen Sünde ...

Meine Manon, zu hart ist meine Stimme heut, Ihr müßts ertragen.
Und wie ein Geuse stolz sein kann ich nur auf meinen leeren Magen.

Freunde verließ ich und das heimatliche Feld, aus freien Stücken,
um Sie mit einer Kantilene con Viola zu beglücken;

mit diesem Rachelied zeigt Euch mein schwacher Mund:
Der Hunger, nicht der Überdruß ist Eurer Schwachheit Grund;

und meine Augen bleiben mannhaft kalt bei jener Sage
vom Mond, der blind geworden ist durch seiner Tränen Klage.

Manon, ich weiß, das macht nervös Sie, meine Liebe;
Sie lögen sich gern vor, daß Sie die alte Sehnsucht triebe

zu einem, und verlegne Stille regt dabei sich wieder
und fällt dem anderen zum Gruß schlaftrunken auf die Gärten nieder.

Deutsch von Barbara Grüning, aus: Die Prager Moderne. Erzählungen, Gedichte, Manifeste. Mit einer Einleitung von Milan Kundera. Hrsg. Květoslav Chvatík. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1991, S. 40.

Mstivá kantiléna
I.

Oh, moje Manon! To juž není nesmělý Váš abbé,
jenž к sličné Manon chodil, stonavé a nudou slabé,

a při němž Manon doufávala : snad se dneska vzmuží
a začne slibovanou legendu o hříchu žlutých růží . . .

Oh, moje Manon! Zvykejte! Dnes hlas mám příliš tvrdý
a jako Geuz jen na svůj hlad si mohu býti hrdý.

Já schválně opustil své soudruhy a rodná pole,
bych zazpívat Vám mohl kantilénu při viole,

a mstivou kantilénu, v níž by moje ústa chabá
Vám vyčtla, že jste spíše hladem nežli nudou slabá,

a v níž by vzmužily se moje oči bez tepla
nad legendou, jak luna dlouhým pláčem oslepla . . .

Vím, že má Manon všecka nervosní je z všeho toho,
že ráda by si lhala starou touhu pro někoho,

a zatím ticho trapné, ticho rozespalé všady
na uvítanou jinému se snáší nad zahrady.

HLAVÁČEK, Karel a Antonín HARTL. Básně. V Praze: Kvasnička & Hampl, 1930, s. 53 https://ndk.cz/view/uuid:02bb7490-ac1f-11e3-b833-005056827e52?page=uuid:9420ae00-d54b-11e3-94ef-5ef3fc9ae867

Über den Gedichtzyklus Kantilene der Rache (Mstivá kantiléna), dessen erstes Gedicht das heutige Gedicht ist, heißt es bei Wikipedia: „Gedichte geschrieben aus der Sicht eines Menschen, der zum Hungern verurteilt ist. Historischer Hintergrund ist der Aufstand der niederländischen Geusen im 16. Jahrhundert.“

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