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Veröffentlicht am 25. August 2023 von lyrikzeitung
Jan Skácel
(* 7. Februar 1922 in Vnorovy; † 7. November 1989 in Brünn)
DOBROVSKÝS TOD * Er glaubte er würde im Wald eine Pflanze finden die alle Kranken heilen die Toten zum Leben erwecken könnte Er selbst glich jenem Gewächs ließ die tschechische Sprache aus dem Reich der Toten auferstehn Damals im Winter als er bei uns in Brünn im Sterben lag erblühten rings um die Stadt die Maiglöckchen bevor der erste Schnee fiel Was bleibt über ihn sonst noch zu berichten Er hatte blaue Augen trug blaues Schuhwerk Mantel einen blauen Schal Ein Gelehrter war er und ein schöner Mann Und mußte doch so einsam sein als er in jenem einzigen ganz großen Augenblick alles zu wissen bekam und alles Wissen für immer verlor
*) Josef Dobrovský (1753- 1829), Literatur- und Sprachhistoriker, verfaßte u. a. eine »Geschichte der böhmischen Sprache und Literatur« (1792; 1818).
Aus dem Tschechischen von Felix Philipp Ingold, aus: Jan Skácel: Ein Wind mit Namen Jaromír und andere Gedichte. Aus dem Tschechischen von Felix Philipp Ingold. Salzburg und Wien: Residenz, 1991 (2. Auf.), S. 21
Kategorie: Tschechien, TschechischSchlagworte: Felix Philipp Ingold, Jan Skácel
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