Celan und Desnos

In Paris ändert er seinen Namen Antschel in Ancel und schließlich in Celan. Er schlägt sich als Gelegenheitsarbeiter durch, verdingt sich als Dolmetscher, absolviert ein Studium der Sprach- und Literaturwissenschaft. 1952 veröffentlicht er Mohn und Gedächtnis, einen schmalen Gedichtband, in ihm wohl Celans bekanntester Vers: „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“. Kein anderes seiner Gedichte wird so oft interpretiert wie die Todesfuge, worunter sein Gesamtwerk leidet, das in fünf Bänden vorliegt. Allein zwei Bände sind seiner übersetzerischen Arbeit gewidmet. Wie zuvor Rilke sieht auch Celan sich als Vermittler, fünfzehn französische Schriftsteller übersetzt er, einer von ihnen: Robert Desnos.

Desnos verbringt seine Kindheit im Bauch von Paris, so nannte Émile Zola das Hallenviertel im ersten Arrondissement. Mit sechzehn entflieht er der familiären Enge, schließt sich Anarchistenkreisen an. Literarische Anregungen findet er bei Mallarmé, Rimbaud und Lautréamont, später vor allem bei Gérard de Nerval. Das Unterbewusstsein wird zur poetischen Quelle, in den Gedichten der frühen 1920er-Jahre ist Desnos ganz Surrealist – als solcher jedoch nicht blind. Gegen die heraufziehende faschistische Gefahr polemisiert er, zwar tritt er keiner Partei bei, aber sein Denken ist ein politisches. Das reale Leben zieht nun in seine Poesie ein, der Jargon der Straße, für den er in François Villons Gedichten ein Vorbild sieht. / Christoph W. Bauer, Der Standard

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..