Blakes Dante

So groß Blakes Verehrung für Dante als Dichter war, so groß war sein Unverständnis für dessen theologische und politische Vorstellungen: Dantes Herbeisehnen nach dem Kaiser, der – wie im Schlussgesang des Purgatorio, im irdischen Paradies prophezeit – als Fünfmalhundertfünfzehn, d.h. als DXV oder Dux, ganz Italien führen und einen wird, beschworen Blakes Entrüstung genauso herauf wie der gesamte Entwurf eines universellen Systems, das auf der Existenz von Hölle und Sünderbestrafung fußt: „Whatever Book is for Vengeance for Sin & Whatever Book is Against the Forgiveness of Sins is not of the Father, but of Satan the Accuser & Father of Hell“, notierte Blake in einer Beischrift zu seiner Zeichnung der Höllenkreise.

Blake, dessen Kunst den menschlichen Körper ins Zentrum rückt, fertigte nach einer eingehenden Dante-Lektüre von 1825 bis zu seinem Tod zwei Jahre später insgesamt 102 Zeichnungen an, von denen 10 dem abstrakten und von Dante nicht selten als unbeschreiblich geschilderten Paradiso, 20 dem an Landschaftsbeschreibungen reichen Purgatorio, die restlichen 72 aber den sich in Höllenqualen windenden Verdammten des Inferno gewidmet sind – und das Blakes eigener, dem Höllenkonzept gegenüber feindlichen Weltanschauung zum Trotz. / Alla Soumm, literaturkritik.de

William Blake: Die Zeichnungen zu Dantes „Göttlicher Komödie“.
Herausgegeben von Sebastian Schütze und Maria Antonietta Terzoli.
Taschen Verlag, Köln 2014.
324 Seiten, 99,99 EUR.
ISBN-13: 9783836555135

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