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Veröffentlicht am 29. März 2014 von lyrikzeitung
Zehn Jahre später werden die „Galgenlieder“ ihren Autor berühmt machen. Nicht weil es sich um studentische Unsinnspoesie handelt, sondern um moderne Lyrik mit sprachphilosophischem Hintergrund. Etliche Gedichte dieser Anthologie, bestehend aus den Abteilungen „Palmström“, „Palma Kunkel“ und „Der Gingganz“, sind längst in den Volksmund eingegangen. Wer kennt zum Beispiel nicht das berühmte „Möwenlied“, das mit den Zeilen beginnt: „Die Möwen sehen alle aus, / als ob sie Emma hießen“. Oder das einzigartige Mondschaf, das einmal verrät, warum das Wiesel auf einem Kiesel saß und ein andermal auf weiter Flur harrt und harrt der großen Schur. Wer solche Verse nur für gehobene Blödelei hält, hat den Ernst, die Melancholie, aber auch die Subversion dieser Lyrik nicht erkannt. „Die Galgenpoesie“, so ihr Verfasser, „ist ein Stück Weltanschauung. Es ist die skrupellose Freiheit des Ausgeschalteten, Entmaterialisierten, die sich in ihr ausspricht.“ Diese Freiheit musste sich Morgenstern hart erkämpfen. / Harald Klauhs, Die Presse 28.3.
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Christian Morgenstern, Harald Klauhs
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