79. Hadubrand

In einem frühen Gedicht hat Kolbe das Lebensgefühl seiner Generation so beschrieben: „unfrei und doch nicht gefangen“. Das umschreibt nicht schlecht die Situation in der späten DDR, die ein repressiver Staat war, aber zumindest am Prenzlauer Berg auch eine moderne Spitzweg-Idylle. Uwe Kolbes Alter Ego, der jung-genialische Komponist und Ich-Erzähler Hadubrand, kann davon viel erzählen. Wie man einfach in verlassene und verfallene Hinterhauswohnungen hineingegangen ist und sich ein paar Wochen später bei der kommunalen Wohnungsverwaltung als Mieter hat registrieren lassen. Wie man mit Hilfsarbeiten wunderbar über die Runden kam. Wie man in leichter Abwandlung der marxschen Utopie morgens lange schlief, nachmittags fischte und abends philosophierte oder Kunst machte. Wie man als Stadtindianer durch die Straßen streifte oder rauschende Feste auf dem Lande feierte. Alkohol gab’s immer dazu. Und der junge Hadubrand durfte mit seinem „Meister“ Sebastian Kreisler, einem etablierten Komponisten, der Fühmann ähnelt, sogar nach West-Berlin.

Aber das ist nur die Vorderseite, die Uwe Kolbe ausführlich und detailgenau beschreibt. Doch ein Nostalgiker ist er zum Glück nicht. / Die Welt (online ohne Namensnennung) 22.2.

Uwe Kolbe: Die Lüge. S. Fischer, Frankfurt/M. 384 S., 21,99 €.

One Comment on “79. Hadubrand

  1. Hält man sich an die von Richard Kämmerlings auf Facebook geposteten Informationen, dann ist Claus-Ulrich Bielefeld der Autor.

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