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Veröffentlicht am 21. Januar 2014 von lyrikzeitung
Wolfson bezeichnet sich selbst als »schizophrenen Sprachschüler«. Tief über sich selbst und seinen Schreibtisch gebeugt lernt er Deutsch, Französisch, Hebräisch und Russisch. Er hört ausländische Sender in einem kleinen Transistorradio; er schaut dicke Wörterbücher durch, jederzeit bereit, sich die Finger in die Ohren zu stecken, für den Fall, dass seine Mutter erneut durch die unverschließbare Tür hereinbrechen sollte, um irgendeinen Satz in der verachtungswürdigen Sprache einzuwerfen. Das von Deleuze zitierte Beispiel: Don’t trip over the wire.
Da es nicht möglich ist, die Ohren hermetisch vor der kreischenden Stimme der fetten Mutter zu verschließen, probiert Wolfson eine neue Methode aus. Tag für Tag übt er einen Mechanismus des Simultandolmetschens ein, bei dem die englischen Wörter in ähnliche Phoneme anderer Sprachen umgewandelt werden. Don’t verwandelt sich in tu’nicht; trip in treb (von dem französischen trébucher); over in über; the in èth hé (hebräisch) und wire in Zwirn: Tu nicht tréb über èth Hé Zwirn.
Aus:
Valeria Luiselli: Falsche Papiere
Essays
Aus dem mexikanischen Spanisch übersetzt von Dagmar Ploetz und Nora Haller
Antje Kunstmann Verlag, München 2014
128 Seiten, 16,95 Euro
Mehr im Perlentaucher (http://www.perlentaucher.de/vorgeblaettert/valeria-luiselli-falsche-papiere.html)
Kategorie: Deutsch, Englisch, Französisch, Hebräisch, Mexiko, SpanischSchlagworte: Übersetzen, Gilles Deleuze, Valeria Luiselli
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