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Iulia Motoc, die im Verfassungsgerichtshof dem Neototalitarismus der USL entgegentritt, wurde von Antena 3 als „psychisch krank“ diffamiert. Cristi Danilet, der als Richter seine Unabhängigkeit beweist, wurde von dem Sender wegen eines Fotos, das ihn mit seiner Tochter zeigt, Pädophilie unterstellt.
Horia-Roman Patapievici, einer der prominentesten Intellektuellen des Landes, ist seit mehreren Monaten arbeitslos. Der 55 Jahre alte Physiker und Philosoph bewohnt eine Zweizimmerwohnung in einem Plattenbau am Stadtrand von Bukarest. Seine Nachbarn haben aufgehört, ihn im Stiegenhaus zu grüßen. Auf der Straße beschimpfen und bespucken ihn Unbekannte, bei der Eröffnung der Bukarester Buchmesse wurde er vor wenigen Tagen von einem Besucher attackiert. Patapievici war Mitarbeiter des Instituts für das Studium der Dokumente des kommunistischen Geheimdienstes Securitate und leitete zuletzt sieben Jahre lang das Rumänischen Kulturinstitut (IRC). Er verwandelte dessen ausländische Dependancen, die mit vergilbten Prospekten für rumänische Folklore warben, in Zentren der kulturellen Begegnung, die ein neues, weltoffenes Rumänien präsentierten.
Während die rumänischen Kulturinstitute in Stockholm, Wien und Istanbul, in Paris, London und New York Lob und Anerkennung ernteten, setzte in Bukarest eine beispiellose Kampagne gegen den IRC-Präsidenten ein. Jahrelang verleumdete der TV-Sender Antena 3 Patapievici als „Pornograph“, als „Zerstörer der Nationalkultur“ und „Feind des Volkes“, der eigentlich gar „kein Rumäne“ sei. Dieser Hass, sagt Patapievici, habe mitten in der Gesellschaft eine Atmosphäre entstehen lassen, wie sie in Deutschland in den dreißiger Jahren geherrscht habe. Er sei dieser Hetze ohnmächtig ausgeliefert: „Wie soll ich mich verteidigen? Soll ich etwa im Fernsehen auftreten und sagen, dass ich kein Pornograph und kein Volksfeind bin?“ In den Wohnungen des Plattenbaus, in dem er wohnt, läuft Antena 3 ununterbrochen. Im Juni wurde Patapievici von der Regierung Ponta mit Hilfe einer Notverordnung in einem Handstreich abgesetzt. (…)
Ein Haupt, das sich beugt, schlägt das Schwert nicht ab, lautet ein altes rumänisches Sprichwort. Um den Gehorsam zu erzeugen, der in den Jahrhunderten der osmanischen Hegemonie und in den Jahrzehnten des kommunistischen Terrors von den Rumänen erlernt wurde, reicht es, ein paar Dutzend durch Rufmord hinzurichten. Die anderen ducken sich, aus Furcht, sonst selbst an die Reihe zu kommen. In dem Land, das seit 2007 der EU angehört, regiert die Angst. (…)
(…) wieder erteilt „Die Stimme Russlands“, der Auslandsfunk des Putin-Regimes, der USL Ratschläge. Im Sommer hatte die rumänische Redaktion des Senders Ponta dazu aufgerufen, den Forderungen der EU-Kommission nicht nachzugeben und Băsescu notfalls durch den Druck der Straße aus dem Cotroceni-Palast zu vertreiben, dem Amtssitz des Staatsoberhauptes. Jetzt rät der russische Sender dazu, die Reputation der drei rumänischen Persönlichkeiten zu zerstören, die im Westen den Eindruck erweckt hätten, in Rumänien gehe es um einen Kampf zwischen dem Rechtsstaat und einer kriminellen politischen Kaste. / Karl-Peter Schwarz, FAZ 3.12.
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