7. Kunstvolle Verstörung

Das „Muxmäuschen“ von Simone Kornappel, mit „x“ geschrieben, ist ein vi­suel­les Poem in der Tradi­tion der expe­rimen­tellen Lyrik, ein Gedicht in Spi­ralen­form, das die Tra­dition der Bil­denden Kunst und der Ikono­graphie in der poeti­schen Form des Gedichts, wie auch in seinem sprach­lichen Mate­rial auf­ruft. Es gehört zu den schönen Para­doxien dieses Textes, dass es erstmal einigen Lärm ver­ursacht, bevor es am Ende zu dem un­eitlen Wort „still“ findet.

Wenn sich das „muxmäuschen“ auf dem äußeren Ring der Spirale in Bewe­gung setzt, kommt es gleich zu voka­bulären Kol­lisionen. Der vor­sätz­lich herbei­geführ­te Zusam­men­prall gegen­sätz­licher Bild­berei­che und Sprach­felder, vor allem die Kon­fron­tation von bio­logi­schem Körper und Kunst-Körper gehört zu den primä­ren Text­strategien Simone Kornappels.

muxmäuschen das abhusten von früh­renaissance meint auswurf oder tussis in pastell to /tenderize your tongue bei botticelli & leck­muschel wie tzunge an batterie gegebenen-//falls …“ Simone Kornappel sorgt für Ver­störung, für kunst­voll her­gestellte Dissonanz, für das Unter­brechung jenes beruhi­genden Wohl­lauts, den wir von konven­tionel­ler Lyrik ken­nen. Ihre Gedichte ver­feinern jene ag­gres­sive „Montage­kunst“, die einst Gott­fried Benn als „Stil der Zukunft“ quali­fiziert hat. / Michael Braun, Der gelbe Akrobat – Neue Folge 19, Poetenladen

2 Comments on “7. Kunstvolle Verstörung

  1. es ist immer löblich, wenn jemand auf junge dichtung hinweist – gibt ja auch andere haltungen. auch bewundere ich die unermüdlichen arbeiten michael brauns, wie sie sich auch in der neuen folge des „gelben akrobaten“ äußert. aber muß immer benn dabei sein? so schwach, daß sie die bennkrücke brauchen, finde ich diese gedichte nicht. zumal die vokabel zweideutig ist, auch bei benn, und gern, auch von benn, gegen „neutöner“ verwendet wird. so auch hier: michael braun lobt thomas kunst, der auf den bennschen „wallungswert“ setze statt wie die andern auf die zerebrale „montagekunst“, http://www.fr-online.de/literatur/michael-braun-wunder-gibt-es-alle-tage,1472266,2724006.html. das beispiel zeigt, daß das autoritätszitat doch nur der schubladenbildung dient. warum nicht die texte selber leuchten lassen?

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