72. Werkedition der Dichterin Else Lasker-Schüler nach Jahrzehnten abgeschlossen

In einer Welt, die ihr zuwider war, versuchte Else Lasker-Schüler sich unsichtbar zu machen. In Deutschland kam man ihr darin entgegen. 1933 floh sie vor Hitler, bis 1939 führte sie ein mühseliges Emigrantendasein in der Schweiz, die Nazis löschten ihren Namen aus – und als sie nach 1945 wieder ins deutsche Bewusstsein zurückkehrte, gab es nichts mehr, woran man sich erinnern konnte.

An die Stelle der historischen Tatsachen traten Mythen. Zunächst ihre eigenen – sie hatte sich als „Prinz Jussuf“ gesehen, als Joseph, den seine Brüder nach Ägypten verkauften -, und später kamen andere hinzu. Die „größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“, begeisterte Gottfried Benn sich 1952, als es nicht mehr gefährlich war, und klang dabei so wenig überzeugend wie schon 1933, als er sich den Nazis angebiedert hatte. Im Nachkriegsdeutschland herrschte die Verdrängung und verstellte den historischen Blick. …

Der letzte, jetzt vorliegende Band enthält 680 Briefe, die sie 1941-1945 in Jerusalem geschrieben hat. Zweimal, 1934 und 1937, war sie aus der Schweiz nach Palästina gereist. Als sie 1939 ein drittes Mal fuhr, überraschte sie der Zweite Weltkrieg und verhinderte ihre Rückreise. / Jakob Hessing, Die Welt 17.7.

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