12. Ausgestellt

Nach so vielen Schreckensdokumenten klingt die Ausstellung mit einem weichen Tupfer aus, der die Schriftstellerin von einer ganz anderen Seite zeigt. Zu sehen sind die Bild- und Textcollagen, die Herta Müller seit vielen Jahren aus Zeitungsausschnitten verfertigt, über tausend sind es mittlerweile, und die ursprünglich als Grußpostkarten entstanden.

Diese Arbeit, sagt Herta Müller, fordere sie genauso wie das Schreiben von Büchern. Die Schwierigkeit sei, dass man nichts mehr verändern könne, wenn die Schnipsel erst einmal auf dem Papier haften, so gleiche eben das Kleben dem Leben, sagt sie und lacht. Diese Collagen, in denen sie ihre heitere und ausgelassene Seite auslebe, für die in ihren Büchern kein Platz sei, zeugen mit ihrem anonymen Schriftbild von einem Leben, das jahrzehntelang durch Zensur und Schreibverbot bestimmt war. Und durch Denunziationen, die bis heute nachwirken.

Eines der Gedichte klingt wie eine Reaktion darauf: „dass Gefühle Röcke / aus Glas mit Rüschen / aus Eisen tragen / rührt beides nicht / an Grundsatzfragen“. Gläsern hat Herta Müller sich oft gefühlt – und ist es in den Jahren, da sie abgehört und observiert wurde, auch gewesen. Und wenn sie sich mit einem kalten Schmuck aus Eisen schützt, dann darum, weil es ihr zumal in ihren Büchern nie nur um sie selbst geht. / CHRISTOPHER SCHMIDT, SZ 24.4.

„Herta Müller. Der kalte Schmuck des Lebens.“ Im Literaturhaus München noch bis zum 20. Juni. Danach vom 24. September bis zum 21. November im Literaturhaus Berlin und in veränderter Form ab 9. Dezember im Stuttgarter Literaturhaus.
Das Begleitheft kostet 6 Euro.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..