63. Grundlegende Verstörung (und hier und da gebündelte Revolteabordnungen)

Bei Textem führt Carsten Klook ein Gespräch mit Ron Winkler über seine neuen Gedichte. Zwei Ausschnitte:

Eine der Ideen für die neuen Gedichte war die der Kontamination. Einer Kontamination mit Interessen und Sprechweisen des eigenen Oeuvres, vor allem aber einer Kontamination mit jener grundlegenden Verstörung, die uns umgibt und erfasst und die voller struktureller, aber auch individueller Absurditäten ist.

Zudem hat mich die Vorstellung abgeschreckt, ein spezielles Label zu repräsentieren. Repräsentieren zu müssen. Spätestens nach „Fragmentierte Gewässer“ gab es den zementenen Anwurf, ein Naturlyriker zu sein. In dieser Enge wollte ich nicht leben. Das bedingte hier und da eine Art Selbstabkehr. Auch um mich selbst zu überraschen. Mit Surrealismen und anderen Formen. Formwandlerisch zu operieren, schien mir immer schon mehr als nur reizvoll. Es gibt die tollsten Autoren, die jedoch in prächtiger Zombiehaftigkeit verharren. Sie sind schön, aber irgendwie tot.

Was bleibt, ist der Wunsch, für besonderes Wahrnehmen zu sensibilisieren. Die Sprache zu elektrisieren, wenn auch da und dort mit einem sehr kalten Strom.

(…)

Carsten Klook: Was wünschen Sie sich für die Literaturszene, speziell für die Dichtung im deutschsprachigen Raum?

Ron Winkler: Für die Lyrik gesprochen: Dass der derzeitige Facettenreichtum erhalten bleibt. Keine Schulen, keine Dogmen. Wenngleich gebündelte Revolteabordnungen hier und da nichts Schlechtes wären. Und immer wieder neue chimärische Schreibweisen. Sinnlichkeit, Dekonstruktion und Gärung.

Frenetische Stille
Gedichte
Berlin Verlag 2010
ISBN 978-3-8270-0920-0
96 Seiten
Hardcover, Schutzumschlag
(unter Verwendung eines Bildes von Christopher Winter)
18,00 Euro

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..