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Veröffentlicht am 28. März 2010 von lyrikzeitung
Poetik
II
Ich meinte
Worte seien leicht
wie Flaumfedern
glänzend wie Seide
rund wie die Knie von Mädchen
sorgenfrei wie Vogelgefieder
Ich meinte
gehorsam
folgten sie jedem Ruf
und man könnte Bilder aus ihnen bauen
deren Vieldeutigkeit
Reichtum in sich birgt
In meinem Leben gab es
Worte des Abschieds
und Worte des Hasses
und dann Worte der Liebe
Und dann sah ich
eingekratzt
in die Kerkermauer
Worte der Hoffnung
Alle waren sie
eindeutig
und zwischen ihnen weder
Symbol noch Metapher
nicht Periphrase noch Hyperbole
Aber in sich hatten sie
die Stärke des Urteils
und die Stärke des Wachstums
und sie besaßen die Stärke der Schöpfung. . .
Übertragen von Günter Kunert
In: Tadeusz Różewicz, Gesichter und Masken. Berlin: Volk und Welt 1969, S. 31f.
Kategorie: PolenSchlagworte: Günter Kunert, L&Poe-Anthologie, Mea: Poetologisch, Tadeusz Różewicz
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