152. Sarmatisch

Johannes Bobrowski „schrieb jenseits von Erika Steinbach“, schreibt  Fokke Joel in der Zeit, (die Formulierung scheint mir mit Verlaub – natürlich gut gemeinter – Unsinn. Irgendwie schaffen es die Medien immer, alles auf ihre Ebene hinabzuziehen!) „ein Stück Weltliteratur über Vertreibung und Versöhnung. Eine Ausstellung erinnert nun an ihn.“

Als Beitrag zur Versöhnung wollte er mit seinen Gedichten einen „sarmatischen Diwan“ schaffen, benannt nach dem antiken Wort für die Gegend zwischen Weichsel, Wolga, Ostsee und Schwarzem Meer. Eine poetisierte, aus der Erinnerung und Recherchen geborene Welt, die sich in Bobrowskis Lyrik auf den nördlichen Teil der antiken Gegend bezog – dort, wo er aufgewachsen war und er sich als Soldat einer Nachrichtenkompanie am Krieg beteiligt hatte. …

Die ersten Gedichte, die er schrieb, sind bereits Mitte der dreißiger Jahre entstanden. 1944 erschienen acht von ihnen in der Zeitschrift Das innere Reich, in der auch Autoren wie Günter Eich und Peter Huchel veröffentlichten. Die Gedichte von Letzterem waren es auch, die den Kriegsgefangenen, der in einem Bergwerk im Donezbecken arbeitete, tief beeindruckten. Wie bei Huchel spielen in Bobrowskis Versen Natur und Landschaft eine zentrale Rolle. Prägend für ihn war die multikulturelle Gegend um die Memel, wo Deutsche, Litauer, Polen, Russen und Juden bis zum zweiten Weltkrieg zusammenlebten. …

Doch trotz aller Bezüge zur osteuropäischen Landschaft sind Bobrowskis Gedichte keine Naturlyrik, kein reiner Ausdruck der Schönheit der Natur. Landschaft ohne Menschen, schrieb er einmal, das sei für ihn gar keine Landschaft. Andererseits sind es gerade die Naturbilder, die an Bobrowskis Gedichten zunächst faszinieren. Sie geben dem Leser in den teilweise schwierigen, in der Tradition moderner Lyrik schroff gegeneinander gesetzten Bildern eine Ahnung vom Verständnis. Mit der eigenen Naturerfahrung verknüpft, entfaltet sich an ihnen auch der Zauber seiner Verse: „Traum, / mit des Habichts Schrei / endend, dem Rauschen, / hoch, / Zeichen an bläulicher Wand, / gekratzt in den Mörtel / mit dem Nagelrand, Bild, / Abbild, / sarmatisch“ (Stromgedicht).

2008 übernahmen … die Historischen Sammlungen der Landesbibliothek Berlin die rund 2200 Bücher des Dichters. Bis zum 31. März sind einige von ihnen im Lesesaal der Sammlung in einer kleinen Ausstellung zusehen, zusammen mit Fotos und anderen Zeugnissen des Dichters.

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