39. Nationales Poesiefestival in Ma’anshan (China)

Ein solches wird vom 25.-30.10. stattfinden. Thema des Festivals: „Poetisches China, harmonisches China“. Ma’anshan habe schon 16 Poesiefestivals seit 1989 veranstaltet, sagt der Bürgermeister. Überdies sei seine Stadt die Heimatstadt des berühmten Dichters Li Bai (bei uns meist Li Taibo, Li-Tai-Pe genannt.) / China View . – Die FAZ vom 6.10. ergänzt die Todesumstände Li Bais (er soll im Jahre 762 ertrunken sein, als er in betrunkenem Zustand im Boot das Spiegelbild des Mondes greifen wollte). Nun ja – jedenfalls hat er solche Szenen mit Mond und Wasser und Wein öfter in Gedichten beschrieben. Eins in der freien Nachdichtung durch Klabund geht so:

Selbstvergessenheit

Der Strom – floss,
Der Mond vergoss,
Der Mond vergaß sein Licht – und ich vergaß
Mich selbst, als ich so saß
Beim Weine.
Die Vögel waren weit,
das Leid war weit,
und Menschen gab es keine

Hier die englische Fassung von Arthur Waley:

SELF-ABANDONMENT

I sat trinking and did not notice the dusk,
Till falling petals filled the folds of my dress.
Drunken I rose and walked to the moonlit stream;
The birds were gone, and men also few.

Die Forschung glaubt nicht an schöne Legenden. Geht es nach ihr, so ist er an Leberzirrhose gestorben – oder auch an Vergiftung durch taoistische Lebenselixiere.

Hier noch ein Mond-Wein-Schatten-Gedicht des Meisters – deutsch von Günter Eich:

Einsamer Trunk unter dem Mond

Unter Blüten meine Kanne Wein –
Allein schenk ich mir ein, kein Freund hält mit.
Das Glas erhoben, lad den Mond ich ein,
Mein Schatten auch ist da, – wir sind zu dritt.
Gewiß versteht der Mond nicht viel von Wein,
Und was ich tue, tut der Schatten blind,
Doch sollen sie mir heut Kumpane sein
Und ausgelassen unterm Frühlingswind.
Ich singe und der Mond schwankt hin und her,
Ich tanze und mein Schatten hüpft noch mehr.
Wir sind uns Freunde, da wir nüchtern sind,
Ein jeder geht für sich, wenn erst der Rausch beginnt.
Nichts bleibt dem Herzen ewiglich verbunden,
Als was im hohen Sternenlicht gefunden.

Li Bai in L&Poe: 2005 Jan #58; 2004 Jan
(Lesenswert in der kurzen FAZ-Meldung ein paar Zahlen. Danach soll es in China 1 Million Dichter geben. Man rechne das in Wein um.) – In der gleichen Ausgabe ein Faksimile der Hughes-Zeichnung von Sylvia Plath (#26)
– Ein weiteres Mond-Techtelmechtel-Gedicht von Li Bai in der Fassung Klabunds fand sich zufällig heute in der Lyrikmail.

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