33. … aber es nützte nichts (Luis Cernuda)

Luis Cernuda wurde kurz nach der Wende ins 20. Jahrhundert in die beginnende Moderne hineingeboren. Er stammt aus Andalusien, wo auch die fast gleichaltrigen Federico Garcia Lorca und Rafael Alberti herkamen, genauer aus Sevilla. Sein Vater, ein Militär, starb, als Cernuda achtzehn war, den Tod erlebte er als Befreiung vom häuslichen Drill. Nach einem Jurastudium und ersten literarischen Kontakten ging Cernuda nach Madrid. Wie die anderen beiden Andalusier trat er dort, zumindest sympathisierend, der seit dem Goldenen Zeitalter bedeutendsten spanischen Dichtergruppe „Generation 27“ bei, die sich unter anderem dem Surrealismus zuwandte. Im spanischen Bürgerkrieg kämpfte Cernuda auf republikanischer Seite und er zog für kurze Zeit mit dem Gewehr und einem Band Hölderlin in die Berge. Allerdings erkannte er bald, dass seine eigentliche Kraft das Wort war – „ich wollte nützlich sein, aber es nützte nichts“. …
Nicht nur aufgrund seiner inhaltlichen Stringenz liest sich Verlangen und Wirklichkeit als ein einziges großes Gedicht Cernudas, sondern auch wegen der Geschlossenheit seiner Form. In allen Zeilen behält sich der Verfasser den Monolog vor, denn dort, wo Gott ihn verlassen hat, beginnt der Mensch zu sich selbst zu sprechen. Einsam und zurückgelassen redet er, ein „blendend nackter Sohn des göttlichen Gedankens“. Cernuda hätte die bitteren, scharfkantigen Worte seiner Gedichte nicht auf das Papier setzen können, wenn er sie nicht vorher selbst gekostet und gefühlt hätte. Das macht das trostlose Beben seiner Verse, den Nachhall einer nicht endenwollenden Erschütterung im Leser aus./ Cornelia Jentzsch, FR 24.3.04

Luis Cernuda
Wirklichkeit und Verlangen
Gedichte
Spanisch und Deutsch
Auswahl, Übertragung und Nachwort von Susanne Lange
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2004, 296 Seiten, 24.90 Euro

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