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Veröffentlicht am 20. Januar 2003 von rekalisch
Überhaupt tauchte das Thema Religion in den Reden der Laudatoren und Preisträger auffallend häufig auf. Am deutlichsten verständlicherweise in der Dankrede des Lyrikers Christian Lehnert, der einen der beiden mit 5500 Euro dotierten Förderpreise erhielt. Denn Lehnert, 1969 in Dresden geboren, sieht sich in einer „für die heutige Zeit seltsamen Doppelexistenz“ als Dichter und Pfarrer. Im Spagat zwischen diesen Welten entdeckt er etwas, was sie beide miteinander verbindet, und dies hat mit Grenzen zu tun. Religion, nicht zu verwechseln mit den Lehren und Riten einer Kirche, taste „über die Widersprüche und Zufälligkeiten des Lebens hinaus auf eine fremde Mitte zu, wo jedes Bild, jeder Begriff, jeder Name verstummt“. Darin aber berühre sie sich mit dem Schreiben, „denn Gedichte entstehen dort, wo die Sprache versagt, wo ich nichts mehr sagen und doch nicht schweigen kann“. Bezug nehmend auf den Aufklärer, der sich zeitlebens auch mit theologischen Streitfragen befasste, wagte Lehnert schließlich die These: „Vielleicht ist die zeitgenössische Lyrik – zu diesem Schluss eben reizt mich Lessings theologischer Schleichweg – sogar ein angemessenerer Ausdruck für religiöse Erfahrung geworden als die Sprache der Kirche.“ / Dresdner Neueste Nachrichten 20.1.03
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Christian Lehnert, Gotthold Ephraim Lessing, Lessingförderpreis
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