„Das saß, damals.“

„In einer Station der Metro / / Das Erscheinen dieser Gesichter in der Menge: / Blütenblätter auf einem nassen, schweren Ast.“ (Ezra Pound) Das saß, damals. Und das auch: „J. Alfreds Prufrocks Liebesgesang / Komm, wir gehen, du und ich, / wenn der Abend ausgestreckt ist am Himmelsstrich / wie ein Kranker äthertaub auf einem Tisch; / komm, wir gehen durch die halbentleerten Straßen fort, (…) / Oh, frage nicht ‚Wie bitte?‘, / komm, wir gehen zur Visite. / Frauen kommen und gehen und schwätzen so/daher von Michelangelo. (T. S. Eliot)

Es ist heute kaum mehr vorstellbar, welche Wirkung solche harmlosen Verse im Jahr 1960 noch auslösen konnten. Hermetische Gedichte, dunkel, unverständlich und – offenbar deshalb – provozierend. Man konnte sie gezielt einsetzen, der Effekt war garantiert, sonntags, beim Mittagessen in der kleinbürgerlichen Familie, in der Schule, den Universitäten. „Frauen kommen und gehen und schwätzen so /daher von Michelangelo.“ Eine gängige Währung. Damit konnten wir, die Jungen, es ihnen, den Alten, regelrecht heimzahlen. Solche kleinen, harmlosen Gedichte zündeten wie Sprengsätze im gesunden Menschenverstand. Sie waren allerdings mit dieser Absicht gemacht. Sie waren so gemeint. / Martin Lüdke, FR 18.1.03, zur Neuherausgabe von

Hans Magnus Enzensberger (Hrsg.): Museum der Modernen Poesie, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2002, 867 Seiten, 19 Euro

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