Darwisch: Keine Erneuerung außer in der Poesie

Seit meiner Rückkehr nach Palästina habe ich auch einen Gedichtband über die Liebe und einen über den Tod herausgegeben. Der Zustand der Belagerung aber ist eine Realität, die ich tagtäglich erdulde und die ich in poetischen Tagebüchern festhalte. Dies ähnelt aber in keiner Weise früheren Arbeiten, da ich heute einen asketischen Stil bevorzuge. Ich arbeite mit komplexen Bildern, die eher Sequenzen aus einem Kinofilm gleichen. Diese Methode ist völlig neu für mich. In der modernen Dichtung wird übrigens niemals nur ein einziges Thema innerhalb eines Gedichtes behandelt. Sämtliche Themen sind miteinander verwandt und verflochten. Das moderne Gedicht ähnelt einem dichten Netz, gleich einer komplexen menschlichen Situation. …

Das in der Tat ist das eigentliche Dilemma der arabischen Dichtung. Wie soll ein Dichter modern sein in einer Gesellschaft ohne Moderne, in einer Gesellschaft, die quasi in einer Vormoderne verharrt? Es gibt in der arabischen Welt keine Erneuerung außer in der Poesie und in den Sicherheitsapparaten. Das führt dazu, dass sich die zeitgenössische arabische Dichtung wie auf einer umzingelten Insel bewegt. / Der palästinensische Dichter Machmud Darwisch im Zeit-Gespräch, Die Zeit 45/2002.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..