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Veröffentlicht am 5. Juli 2002 von rekalisch
Zwei schon etwas ältere Damen der „Frauenaktion Scheherazade“ hatte im Herbst letzten Jahres die kalte Wut gepackt, als die rot-grüne Bundesregierung der Bombardierung Afghanistans zustimmte. Die Schulrektorin Karla Werkentin und die pensionierte Lehrerin Anna Elmiger wollten „wenigstens eine kleine symbolische Geste“ zeigen und verklebten einige Zeilen Lyrik in der Bannmeile rund um das damals noch in Mitte stehende Bundeskanzleramt.
Erste Strophe des berühmten Gedichtes von 1779 [ Matthias Claudius]: „S ist Krieg! Oh Gottes Engel wehre, Und rede Du darein! S ist leider Krieg – und ich begehre Nicht schuld daran zu sein!“
Doch die Hoffnung auf die Zersetzungskraft deutscher Lyrik war vergeblich. Weder gingen Gerhard Schröders Regierungsbeamte weinend und Abbitte leistend vor den Zeilen in die Knie, noch ließ sich das Beamtentum in seiner unerbittlichen Mahlkraft erweichen.
Im Gegenteil: Im Mai erhielten die beiden Damen die Mitteilung des Bezirksamtes Mitte, es sei ein Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet worden. Vorwurf: Verstoß gegen das „Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen“. / taz Berlin 5.7.02
Kategorie: Deutsch, DeutschlandSchlagworte: Anna Elmiger, Berlin, Karla Werkentin, Matthias Claudius
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