Russischer Literatur

Nützliche Tips zu russischer Literatur im Internet gibt die NZZ am 14.5.02

Solothurner Literaturtagen

Von den Solothurner Literaturtagen berichtet die NZZ:

Schweizer und rumänische Lyriker präsentierten ein gemeinsam erarbeitetes Kettengedicht , das Bilder und Motive von Gedicht zu Gedicht und von Stimme zu Stimme weitergibt und verwandelt, so dass jedes Gedicht in sich ein kleines Kunstwerk darstellt, das Ganze indes ein filigranes Netz an Verweisen, Anspielungen und Echos entstehen lässt. / NZZ 13.5.02

Gaza

The New York Times druckt das Gedicht „Gaza“ von Peter Sacks und läßt eine Gedichtlesung des Autors hören. / NYT *) 12.5.02

Mehrsprachigkeit: Jiddisch

Immer mehr Nichtjuden interessieren sich aus linguistischen oder kulturhistorischen Gründen für das Jiddische. Deshalb entwickle sich das Jiddische allmählich zu einer supranationalen Sprache. Lev Berinski nennt in diesem Zusammenhang die in New York lebende Engländerin Lea (Elinor) Robinson , die als Nichtjüdin in die Fremdsprache Jiddisch gewechselt hat und als eine der besten Lyrikerinnen in dieser Sprache gelten darf. Mehrsprachigkeit zeichnet auch die meisten Schriftsteller mit jiddischer Muttersprache aus: Lev Berinski hat das Moskauer Schriftstellerinstitut absolviert und verfasst heute noch russische Gedichte, Michael Felsenbaum schreibt etwa zur Hälfte in Ivrit, Gennady Estraikh spricht in seiner Familie Russisch. / NZZ 11.5.02

Jiddische Texte, zweisprachig (Lev Berinski, Gennady Estraikh, Michael Felsenbaum; Vorwort von Astrid Starck). 48 S., Fr. 10.-. Erhältlich bei: Solothurner Literaturtage, Postfach 926, 4502 Solothurn, info@literatur.ch

Rede an die Nation

Am 24. Mai 1994, in einer seiner ersten Reden an die Nation, trug der frisch gewählte Präsident Nelson Mandela ein Gedicht vor, das von einem namenlosen farbigen Kleinkind erzählt, das 1960 von Polizisten ermordet wurde. Die Rede flimmerte über sämtliche Fernsehkanäle des Landes. Das Gedicht hatte die weisse Südafrikanerin Ingrid Jonker (1933-65) geschrieben, kurz nachdem sie eine Zeitungsnotiz über die reale, alltäglich-brutale Tat gelesen hatte, «Child shot dead at Nyanga» … / Ruth Schweikert, NZZ 11.5.02

Literarischer Regen

Ich könnte das Buch wieder aufschlagen, um das Siegel, das Zeichen, den Sinn des Regens bestätigt zu finden: des Regens am Tag des Umzugs und all der weiteren, nachdrücklich auftretenden Wassergüsse, die mir einträchtig hundert andere neu gegenwärtig machen, Wolkenbrüche über dem eigenen Kopf und Regenfälle im Filter von Texten, die man in der Schule gelernt hat, «La pioggia nel pineto» ( D’Annunzio ), wirklicher Regen und angelesener, «La bufera che sgronda sulle foglie dure della magnolia» ( Montale ), Wasser, das unter den Füssen zum Sturzbach geworden ist, «Der einfache Regen» in Pessoas Lissabon, «La morte che piove equivoca sulle scritture» ( Zanzotto), der Kunststoff des Touristenregens oder der stille häusliche Regen, der Regen, dessen Quintessenz zwischen die kaum erst geschriebenen Zeilen dringt und der wahrer ist als der wahre. / Anna Felder , NZZ 11.5.02

Weitere Beiträge über Entstehungsorte von Literatur u.a. von Klaus Merz , Ivan Farron , Fabio Pusterla , Peter Stamm , Mattia Cavadini , Anne Cuneo , Nicolas Couchepin und Gertrud Leutenegger / NZZ 11.5.02

Becher-Konjunktur?

Schon wieder eine Bechermeldung, diesmal aus der FAZ-Anthologie, wo Wolfgang Werth dessen Gedicht „Riemenschneider“ feiert. /FAZ 11.5.02

Lyrikpreis Meran

Neun Autoren haben es in die Endrunde des 6. Lyrikpreis[es] Meran geschafft. Die Preisverleihung findet am 18. Mai um 18 Uhr im Pavillon des Fleurs statt.
Die Finalisten sind: Christian Baier aus Wien, Oswald Egger aus Lana, Manfred Enzensperger aus Köln, Sylvia Geist aus Berlin, Mathias Jeschke aus Lüneburg, Hendrik Rost aus Burgsteinfurt/Westfalen, Thomas Spaniel aus Nordhausen/Thüringen, Uwe Tellkamp aus Dresden und Hans Wagenmann aus Mannheim. … Folgende Preise werden heuer vergeben: der Lyrikpreis Meran der Landesregierung (7750 Euro), der Erste Förderpreis der Gemeinde Meran (3100 Euro) und der Zweite Förderpreis der Kurverwaltung (2070 Euro). / Dolomiten 9.5.02

Geht das?

Der Georg-Büchner-Preis für Wolfgang Hilbig :
Geht das?

fragt Evelyn Finger ( Die Zeit 8.5.02) u. gibt Antwort:

Er ist auch im Westen keiner [kein positiver Held] geworden, da soll uns seine Erfolgsgeschichte (vom Malocher zum mehrfachen Literaturpreisträger) nicht täuschen.

Der eigentliche Sinn, einen Dichter wie Wolfgang Hilbig zu ehren, liegt wohl darin, uns selbst zu gratulieren – zu einer Literatur, die Manns genug ist, die Unterwelt zu betreten. Man darf nur nicht glauben, diese Welt läge innerhalb der Grenzen der untergegangenen DDR. Sie reicht von der politischen Gegenwart bis hinunter in die Bodenlosigkeit der Seele. Wer das übersieht, dem geht es wie dem Publikum in Kierkegaards Theaterparabel: Der Bajazzo meldet, hinter den Kulissen sei ein Brand ausgebrochen. Man glaubt an einen Witz und applaudiert. Der Bajazzo wiederholt seine Warnung. Man applaudiert noch mehr, und so nimmt unterm Jubel der Meute das Verhängnis seinen Lauf.

Letztes Colloquium

Eine der Fraktionen, die Herr Hass für Umweltzerstörer hält (s.u.), verliert eine Bastion:

Eines der renommiertesten Autorentreffen, die das literarische Leben in Deutschland nach 1945 hervorgebracht hat, wird es in Zukunft nicht mehr geben. Pünktlich zu seinem fünfundzwanzigsten Jahrestag hat das von Ernst Jandl und Helmut Heissenbüttel einst als Forum für avancierte Literatur aus der Taufe gehobene Colloquium Neue Poesie den Betrieb eingestellt. …

Geladen und gekommen [zur letzten Tagung] waren vor allem die, die seit langem schon zum Kern der Truppe zählen, unter ihnen mit Oskar Pastior und Gerhard Rühm, Chris Bezzel und Franz Mon Leute der ersten Stunde. Was man von ihnen hörte und sah, entsprach in etwa dem, was zu erwarten war: Sprachartistik auf allerhöchstem Niveau, virtuose Formenspiele und kombinatorischer Witz, Konzeptkunst vom Diaprojektor, nicht zu vergessen das eine oder andere wirklich starke Gedicht.

NZZ 6.5.02

3. Lyrik-Gipfel in Aachen

Mit Walle Sayer aus dem badischen Dettingen und Jean Krier aus Luxemburg begrüßte Annette Bosetti, stellvertretende Chefredakteurin der „Nachrichten“, zwei Lyriker, die erst vor wenigen Wochen in der Nachrichten-Gedicht-Galerie vorgestellt wurden. / Aachener Nachrichten 6.5.02

Zagajewski’s poetic evolution

is clearly charted in “Without End,“ a new anthology of his work that is made up of his three English-language collections — Tremor“ (1985), “Canvas“ (1991) and “Mysticism for Beginners“ (1997) — as well as his most recent work and new translations of some early poems.
Today Zagajewski divides his time between Krakow, Paris and Houston (where he teaches at the University of Houston), all of which figure in his poetry alongside the omnipresent Lwow as landmarks in a Heraclitean universe. Zagajewski’s poems lead us through these and other worlds, until they become as much about the passage among places as the places themselves. “Every step you take / leaves a trace that cannot be erased,“ he writes. The result is a cumulative mapping of such traces, a compression of multiple realities where one never displaces another but all exist in the single moment of the poem. This compression can be electrifying: “Russia Comes Into Poland,“ dedicated to Joseph Brodsky, has all the dramatic intensity of Tadeusz Kantor’s theatrical spectacle “Wielopole Wielopole.‘ / NYT *) 5.5.02
(mit „First Chapter“-Leseprobe)

WITHOUT END. New and Selected Poems.
By Adam Zagajewski.
Translated by Clare Cavanagh and Renata Gorczynski, Benjamin Ivry and C. K. Williams.
285 pp. New York: Farrar, Straus & Giroux.‘

Eklektizist aus USA: Robert Hass

Als seine „Meister“ betrachtet der 61-Jährige, der in Berkeley englische Literatur lehrt, Matsuo Basho, Walt Whitman und Czeslaw Milosz. Eine Mischung, die sicher nur im melting pot Amerika entstehen konnte. Doch die Verwunderung über den vermeintlichen Eklektizismus legt sich schnell, wenn man die Gedichte von Robert Hass zur Hand nimmt und versteht, wie das alles zusammenpasst: ein japanischer Wandermönch des 17. Jahrhunderts, der die Kunst des Haiku zu einem ersten Höhepunkt brachte. Der Vater der modernen amerikanischen Dichtung im 19. Jahrhundert, Anarchist und Naturlyriker. Und ein polnisch-litauischer Katholik, der alle Avantgarden des 20. Jahrhunderts an sich hat vorbeiziehen sehen, um im Alter die schlichtesten, zugänglichsten und tiefsten Gedichte seines Lebens zu schreiben: Als Milosz‘ amerikanischer Übersetzer kennt Hass, den mit dem Kollegen aus Berkeley schon lange vor dessen Nobelpreis eine Freundschaft verband, kein dichterisches Werk gründlicher. / Gregor Dotzauer, PNN 4.5.02 (auch Tagesspiegel) Vgl. auch Berliner Zeitung 6.5.02

«What ur-Sprache did the labour speak?

/ ur ur ur to t’master’s Sprache / the hang-cur ur- grunt of the weak / the unrecorded urs of gobless workers», so beginnt Tony Harrisons Gedicht «The Ballad of Babelabour». Es könnte das Motto sowohl für Michael Schmidts grosse Anthologie «The Story of Poetry» sein, deren erster Band, «English Poets and Poetry from Cædmon to Caxton», inzwischen vorliegt, als auch für Robert Crawfords Untersuchung «The Modern Poet»… / Rüdiger Görner, NZZ 4.5.02

Michael Schmidt: The Story of Poetry. English Poets and Poetry from Cædmon to Caxton. Weidenfeld & Nicholson 2001. 496 S., £ 25.-.

Robert Crawford: The Modern Poet. Poetry, Academia, and Knowledge since the 1750s. Oxford University Press 2001. 296 S., £ 40.-.

(Niedlich die Ankündigung im Perlentaucher:

[ACHTUNG:] Schwerer Bildungsstoff in Literatur und Kunst .)

Chaucer original und in deutscher Prosa

Kemmlers Prosaübersetzung ist nicht so sehr eine literarische als vielmehr eine philologische Leistung. So enthält diese Ausgabe denn auch einen umfangreichen Kommentarteil, den Jörg O. Fichte besorgt hat. Er umfasst Einleitungen zu den einzelnen Erzählungen, Anmerkungen zum Text, Bibliographie, einen Abriss der Formenlehre und Angaben zur Aussprache des Mittelenglischen, Überblicke über die englische Geschichte im 14. Jahrhundert, über Leben und Werk Geoffrey Chaucers und über die Geschichte der Chaucer-Rezeption und vermittelt so einen Eindruck von der literaturhistorischen Bedeutung der «Canterbury-Erzählungen». Insofern ist diese zweisprachige Ausgabe nicht nur ein wertvoller Beitrag zur Rezeption Chaucers im deutschsprachigen Raum, sondern sie ermöglicht einen Zugang zu einem wesentlichen Text des literarischen Kanons.

Geoffrey Chaucer: Die Canterbury- Erzählungen. Zweisprachige Ausgabe. Mit der ersten deutschen Prosaübersetzung. Übertragen von Fritz Kemmler. Mit Erläuterungen von Jörg O. Fichte. 3 Bände in Kassette. Goldmann-Verlag, München 2000. 1968 S., Fr. 52.50.

/ NZZ 4.5.02