1960 bereits hatte Adorno in einem Kölner Vortrag Helms’ Lautexperimente und Klangverfremdungen als authentisch zeitgenössisch beglaubigt, da sie, in konsequenter Weiterführung Joycescher Permutationstechniken, kraft ihres hermetischen Gestus sich dem glatten Einverständnis mit der ideologisch beschädigten Sprache verweigerten. / STEFAN DORNUF, Süddeutsche 8.6.02
HANS G. HELMS: Musik zwischen Geschäft und Unwahrheit. edition text + kritik / Richard Boorberg Verlag, München 2001. 150 Seiten, 18 Euro
( NZZ gratuliert am 8.6.02 zum 70.)
Die Welt v. 8.6.02 druckt die Laudatio Rachel Salamanders auf Enzensberger zum Börnepreis. Darin zitiert ein Gedicht:
Es ist übertitelt mit „Arbeitsteilung“ und ist seinem letzten Gedichtband „Leichter als Luft. Moralische Gedichte“, entnommen.
„Dass die allermeisten/vom allermeisten / so gut wie gar nichts verstehen – / Lyrik z. B., Optionsgeschäfte, / Pseudoprimzahlen,/ und zu allem Überfluss noch / die Letzten Dinge – ,/ nur allzu verständlich! // Die allermeisten/ haben ganz andere Sorgen, / halten sich unbeirrt / an ihre Kinder und Krankenkassen, / Bett Geld Pop Sport, / an alles, / wovon die allerwenigsten nichts wissen wollen. // Wo kämen wir hin / mit unseren kleinen Gehirnen, / wenn alle an alles dächten? // Nur gelegentlich, / an allzu langen Abenden, / ein Blick nach drüben, / auf das erleuchtete Fenster, / wo andere leben, / und das taube Gefühl, / etwas versäumt zu haben.“
…Borchardt scherte aus und wurde Dichter. Die ersten zehn Gedichte, die ihm gelungen schienen, ließ er drucken und sandte sie an die Großen der Zeit: Swinburne, Maeterlinck, George und Hofmannsthal . Letzterer lud ihn ein, war charmiert von dem Enthusiasmus des jungen Poeten und zugleich befremdet: „Er hat die leidenschaftlichste Liebe für Verse, und declamiert fast unaufhörlich. Wenn es ohne auffallende Unhöflichkeit möglich ist, verlässt meine Frau augenblicklich das Zimmer, wenn er anfängt, Verse aufzusagen. Er brüllt. Er erschüttert die Fensterscheiben, gleichmäßig durch meine, seine und sonstige Verse (. . .) Er ist ein Enthusiast. In seiner Conversation tauchen unaufhörlich die zwei Worte ,berauschend‘ und ,bestürzend‘ auf. Ich habe die begründete Furcht, dass er in wenigen Wochen anfangen wird, wienerisch zu reden.“ / Gregor Eisenhauer, FR 8.6.02
(Siehe auch Klaus Bellin im “ Neuen Deutschland “ v. 8.6.02)
„Möge Ihre Regentschaft tausend Generationen, ja achttausend Generationen dauern – Bis der Stein zum Felsen wächst – Bis auf Felsen Moos wächst.“ So etwa lautet der Text der japanischen Nationalhymne „kimigayo“ (etwa: Die Regentschaft Unseres Kaisers) ins Deutsche übertragen. Die Lyrik basiert auf einem japanischen Gedicht unbekannter Herkunft. ….
© Salzburger Nachrichten 8.6.02 / ASIATISCHES LEXIKON
Von einem Leben zwischen Bebop und Beatnik, zwischen San Francisco und Chicago erzählt sie in ihrer Jazz-Poesie, von ihrem ersten Auftritt als Performerin, vom Leben außerhalb der Gesellschaft, das das Wesen des Beat prägt. Jedem im Publikum wird plausibel, warum Jack Kerouac , einer der Beat-Literatur-Heroen, mit dem ruth weiss zusammen Lyrik verfasste, sagte: „Die einzig wirklichen Menschen sind für mich die Verrückten, verrückt danach, zu leben, zu sprechen, die niemals etwas Alltägliches sagen, sondern brennen, brennen…“ / Fürther Nachrichten 7.6.02
Les Murray receives musical tribute, meldet die New York Times *) am 6.6.02
Überhaupt werden sich Germanisten schwer tun, Uwe Kolbe zu fassen. Er entzieht sich gängigen Kategorisierungs-Versuchen. Früher war er ein deutscher Autor, mit deutschen Themen. Er war ein Teil der Geschichte, der Stellung bezog zu deutschen Verhältnissen. Jetzt ist Kolbe schwieriger zu verorten. Er ist zu einer frei schwebenden Existenz geworden, die allenfalls in Szenen einer Kindheit und Jugend eingebunden ist in den größeren Zusammenhang einer Gesellschaft.
Ziemlich verloren steht er da, dieser Dichter, der aus seiner Ratlosigkeit keinen Hehl macht. Viel mehr als sich und seine Sprache hat er nicht, um vorzustoßen in die Geheimnisse der Existenz. Wer auf Antworten aus ist, weil er Orientierung sucht in der verworrenen Welt, muss sich woanders umsehen. Wer erfahren möchte, wie jemand Worte dafür sucht, dass er aus der Welt gefallen ist, findet in Uwe Kolbe einen Kumpanen im Zweifel. Seine Lyrik ist Gegengift zum Geist der Zeit. /Anton Thuswaldner, FR 6.6.02
Uwe Kolbe : Die Farben des Wassers. Gedichte. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001, 79 Seiten, 14,80 .
Alles was Sie wissen müssen, um mitzureden. Heute: Sonnyboy
Supermarkt
heißkalt
Lyrik goes Drama: Karin Beiers Urinszenierung von Albert Ostermaiers „99 Grad“ in den Münchner Kammerspielen
Dass man versucht wäre, den Mann fast mal zu verteidigen, wer hätte das gedacht? Der Sonnyboy der Lyrik und der Feuilletons, der meistgespielte deutschsprachige Autor dieser Saison hat einen Text geschrieben, der so sehr Theatertext ist, wie ihn ein Wortedrechsler und Episoden-Jonglierer nur eben zu schreiben vermag. / taz 5.6.02
– Fürwahr selbst eine Perle der Wortedrechslerei von der Überschrift über die versammelten Reklameschlagworte und so Halbsatz für Halbsatz weiter. Lesen Sie mehr neue Wörter (Vertheaterung, Versupermarktisierung…) – (Auch nicht schlecht: Urinszene.)
ist vor einem halben Jahr in einer zweisprachigen Ausgabe herausgekommen. Veröffentlicht hat das Gedicht der kleine, kaum bekannte „Verlag im Wald“ (in 98435 Doenning), der für diese Tat ungewöhnliches Lob verdient. Denn die Ausgabe rechnet sich in gar keinem Fall, nicht in Jahrzehnten, und höchstwahrscheinlich, in unseren hohen Zeiten angeblicher Synergien, wird von dem tollkühnen Kleinstverlag bald kaum noch eine Spur zu sehen sein. Aber, pathetisch gesagt: Solange es Menschen wie den Verleger Rüdiger Fischer gibt, kann die Erde kein völlig unbewohnbarer Platz sein. / Michael Meyers, Die Gazette 4.6.02
Pierre Garnier
L’immaculée conception (Litanie) / Die unbefleckte Empfängnis (Litanei)
201 Seiten, kartoniert
Übersetzung Rüdiger Fischer
Éditions En Forêt / Verlag im Wald, Doenning 2001
€ 15,–
Männer mögen’s darin schwer. Männer haben Träume. Männer borgen sich einen, zur Not. Männer bebildern wortschwallig ihr Innerstes im Äußeren ab. Durs Grünbein ist einer von ihnen.
schreibt Klaus Hübner im Titel -Magazin ( Juni 2002) und empfiehlt
daher, den einundneunziger Grünbein zu lesen: „Schädelbasislektion“. Da sezierte er ohne italienischen Beigeschmack.
Durs Grünbein: Das erste Jahr. Berliner Aufzeichnungen.
Durs Grünbein: Erklärte Nacht. Gedichte.
Suhrkamp Verlag. 2002.
Gebunden. 151 Seiten. € 18
ISBN 3518413058
In der New York Times *) v. 3.6.02 berichtet die Autorin Diane Ackerman über die Entstehung ihrer „Poems of Psychoanalysis and Fire“.
„Psychotherapy and lyrical poetry address many of the same issues,“ Diane Ackerman says. „The two overlap in companionable places.“
In der Süddeutschen vom 3.6.02 stellt Joachim Sartorius ein Gedicht des russischen Dichters Vitali Kalpidi vor. – Die FAZ druckt am gleichen Tag ein Gedicht des britischen Hofpoeten Andrew Motion zum königlichen Jubiläum. Hier aus dem Guardian ein anderes amtliches Gedicht Motions:
‚You helped give a shape to slipstreaming time‘
An elegy on the death of HM Queen Elizabeth the Queen Mother, by Andrew Motion , the poet laureate
Bislang sind von ihm [Oswald Egger ] zehn Bücher erschienen, zuletzt „Nichts, das ist“ in der Edition Suhrkamp. In diesem Titel ist für ihn der Sinn von Gedichten im Allgemeinen und der seiner im Besonderen ausgedrückt. „Ich glaube das nicht, wenn die Leute sagen, dass sie meine Gedichte nicht verstehen. Ich glaube im Gegenteil, dass sie alles verstanden haben.“ / Neuß-Grevenbroicher Zeitung 3.6.02
Thüringer Allgemeine im Gespräch mit Adam Zagajewski , *2.6.02
«Einen glücklichen kleinen Weisen» nannte ihn Jack Kerouac 1958 in «The Dharma Bums» und porträtierte ihn darin als Japhy Ryder: als ernsthaften Zen-Schüler, der sich dem Studium chinesischer Gedichte widmet, als naturverbundenen Bergsteiger, der alles über Bäume und Pflanzen wissen will. «Eine Million Formen – schau in jedes Biologiebuch», rät Snyder in einem Gedicht. Sein Credo formulierte er in dem Band «Turtle Island», für den er 1975 den Pulitzer-Preis erhielt und der in den USA noch heute zu den meistverkauften Gedichtbänden zählt: «For the protection of all beings.» Wenn man Snyders geomorphologische Ökopoesie betrachtet, lernt man die heitere Ernsthaftigkeit, mit der er diesem hohen Anspruch dient, respektieren, schätzen. / Neue Zürcher Zeitung , 1. Juni 2002
Gary Snyder : Aus der Spur. Aus dem Amerikanischen von Sibylle Klefinghaus und Ralf Zühlke. Stadtlichter-Presse, Berlin 2001. 144 S., Fr. 28.-.syn
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