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Veröffentlicht am 20. August 2025 von lyrikzeitung
321 Wörter, 2 Minuten Lesezeit
Es ist immer ein Festtag, wenn ein neues Schreibheft im Briefkasten liegt. Erstes Kosten und Schnuppern der Dinge, die in den nächsten Wochen genauer studiert werden wollen. Gestern kam Nr. 105 mit den Schwerpunktthemen Eric de Kuyper, Gregor von Rezzori und James Agee (letzterer ein Filmschriftsteller) und wie immer noch etwas drum herum. Aus dem Entree ein Gedicht für heute. Es stammt von dem britischen Schriftsteller John Riley (1937-1978). Riley wurde in der Nacht vom 27. zum 28. Oktober 1978 in der Nähe seines Hauses in der Heimatstadt Leeds bei einem Überfall ermordet. Seine Gedichte wurden von Jürgen Brôcan und Roberta Harms ins Deutsche übertragen. Für mich einziges Manko dieser exquisiten Zeitschrift für Weltliteratur ist das Fehlen der Originaltexte. Ich verstehe, dass das nicht zuletzt ein Problem des Umfangs ist, aber könnte man nicht wenigstens jeweils ein Stück-, ein Gedichtchen im Original hinzufügen?
John Riley
(* 10. Oktober 1937 in Leeds; † 27. Oktober oder 28. Oktober 1978 ebenda)
WENN DIE WELT
Wenn die Welt alles ist (und das ist sie), was der Fall ist (eine hohe
Tür schlägt zu und öffnet sich), wie dann bejahen,
Dass sie zu viel ist dass sie
Wächst und schrumpft und anfängt und endet
Wie absichtlich, was nichts an dem ändert,
Was auch immer der Fall ist : zu viel, zu voll, fließt sie
Nicht über, wie Wasser von einem Brunnenbecken zum nächsten, von einer
Zeit und einem Raum zu weiterer Zeit, weiterem Raum, sondern zum Schweigen .
Poesie und das Material der Poesie sind dasselbe –
Selbstverständlich, und ist das nicht zu viel? Ich falle
Ich falle ins Gras – eine andere Welt, überwunden durch Schwemme,
Rot und gelb, weiß und rosa, die Rhododendronblätter
Scheinen sich im selben Wind zu bewegen, der auch die Amsel
Auf dem Rasen zerzaust. Wenn die Welt die Tür ist (und das ist sie),
an die wir klopfen,
Dann ist Poesie das Klopfen, ist die Welt des Klopfens der Fall .
Aus: Schreibheft. Zeitschrift für Literatur, 105, August 2025, S. 6
Kategorie: England, Englisch, GroßbritannienSchlagworte: britische Lyrik, British Poetry Revival, Englische Lyrik, Eric de Kuyper, Gregor von Rezzori, James Agee, Jürgen Brôcan Übersetzung, John Riley, John Riley Gedichte, John Riley Wenn die Welt, Leeds Dichter, Lyrik über Wirklichkeit, Lyrik mit Materialbewusstsein, Mord an John Riley, Poesie als Erkenntnis, Poesie John Riley, Poesie und Realität, Poesiezeitschriften, poetische Philosophie, Roberta Harms Übersetzung, Schreibheft, Schreibheft 105, Schreibheft Literaturzeitschrift, Schreibheft Zeitschrift, Tür als Metapher, was der Fall ist, Welt und Sprache, Weltliteratur auf Deutsch, Wittgenstein und Lyrik
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Ich habe das Original online nicht gefunden, aber dieser Essay über John Riley ist sehr lesenswert, mit mehreren Gedichten. https://petersirr.blogspot.com/2007/03/john-riley.html
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