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Heute vor 2 Jahren starb der Dichter Andreas Koziol. Jüngst erschienen Bücher bei Moloko Prints (Mur. Gedichtzyklus. Moloko Print Schönebeck 2024. Mit einem Nachwort von Klaus Michael. ISBN 978-3-910431-42-3.) und Kookbooks (Menschenkunde. Gedichte. kookbooks Berlin 2024. Mit Nachworten von Henryk Gericke und Lutz Seiler. ISBN 3-948336-25-3.). Hier ein Gedicht aus einer bibliophilen Auswahl von 2004.
KAPRIOLEN EINES IDIOMS
Ich bin der Hund auf den der Vers gekommen ist.
Ich hör aufs Wort wie kein realer Köter.
Mein Fell ist Schund und meine Leine mißt
fünfhunderttausend Hexazentimeter.
Ich bin ein Schmerz in jedem Musenschoß
vergeh auch nicht zu Füßen der Euterpe.
Sie krault mich sinnend mit dem Daktylos
und ahnt schon daß ich jedes Maß verderbe.
Das Fleisch ist billig und der Geist liegt brach
wie Träume zwischen sprechenden Maschinen.
Ich jage halbverwitterten Phantomen nach
und mein Trochäus wimmelt von Trichinen.
Wie seltsam ist der Wunsch modern zu sein.
Das Zeitgemäße kann mich mal am Jambus.
Die Muse kettet mir den Stern vom Bein
und näht ihn in das Futter ihres Handschuhs.
Sie sagt so läuft mir nicht dein Licht davon
wenn du wieder hinterm Mond verschwindest
und halte mehr Distanz zu meinem Distichon
seine Wasserkrone nämlich ist nicht windfest.
Sie küßt mich spruchreif für die Gegenwart.
Man wirft mich roh auf irgend einen Tresen.
Ich werde ausgespuckt als faule Redensart
und war doch fast schon am Parnaß gewesen.
Aus: Andreas Koziol, 7 Gedichte. München: Peter Ludewig, 2004 – Vgl. Planet Lyrik
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