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Veröffentlicht am 31. Juli 2024 von lyrikzeitung
Agi Mishol
(Hebräisch אגי משעול, geboren als Ágnes (Ági) Fried am * 20. Oktober 1946, einige Quellen nennen 1947, in Cehu Silvaniei / Szilágycseh, Siebenbürgen, Rumänien, lebt bei Tel Aviv)
Schutzraum
Jetzt wo rundherum Tod kriecht
und Pekannüsse sich in ihre Schalen drücken
verstecke ich mich im Hebräischen.
Nichts wird mir geschehen beim arglosen Schreiben
nichts wird mir geschehen
wenn ich mich von den Buchstaben aufnehmen lasse
wenn ich nicht über die Linie schreibe –
geschrumpft in einen kleinen Punkt
eingezwängt in ein o oder
den Bauch eines g
in einen tränenden Strichpunkt
eingegeiselt.
Geliebte heilige Sprache –
jetzt wo alles seine Zeit hat
alles Entsetzen ist
wo der Hain uns seine Früchte reicht
und die Erde gepflügt ist
tue ich nur was Rilke sagt:
lasse mir alles geschehen
Schönheit und Schrecken
ohne zu denken
dass sie endgültig sind.
Oktober 2023
Aus: Agi Mishol, Gedicht für den unvollkommenen Menschen. Gedichte. Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer. Mit einem Nachwort von Ariel Hirschfeld. München: Hanser (Edition Lyrik Kabinett), 2024, , S. 14
Kategorie: Hebräisch, IsraelSchlagworte: Agi Mishol, Anne Birkenhauer
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