Manchmal noch … aber …

Ein Friedrich Hölderlin gewidmetes Gedicht des katalanischen Dichters Joan Vinyoli zu dessen 110. Geburtstag.

Joan Vinyoli i Pladevall

(* 3. Juli 1914 in Barcelona; † 30. November 1984 ebenda) 

Hölderlin

Manchmal bezaubert mich noch
des rauhen Gipfels
klare Kontur,
abgehoben gegen des Himmels
diamantenes Licht.
An einer Stätte aber
voll Unterholz und Gestrüpp
wärmt mich mit schrägem Strahl
bereits die Nachmittagssonne.

Alten Marmor verwuchern
die dichter werdenden Schatten;
schon gänzlich abgeschieden
von den fröhlichen Wanderern, höre
ich die Oktoberblätter:
Sie fallen langsam und rot,
und grüner Eteu
wird gelb an der Mauer
meines undurchdringlichen Schweigens.

(1981)

Dem Katalanischen nachgedichtet von Uwe Grüning, aus: Ein Spiel von Spiegeln. Katalanische Lyrik des 20. Jahrhunderts. Katalanisch und deutsch. Hrsg. Tilbert Stegmann. Leipzig: Reclam, 1987, S. 121

Hölderlin

M'exalta de vegades
encara el net perfil
de la muntanya esquerpa
retallat contra el cel
de llum diamantina.
Però estic en un lloc
de bardissar i malesa
i ja el sol de la tarda
m'escalfa de biaix.

Vell marbre escrostonat
en l'ombriva espessor
apartat ja del tot
dels vianants alegres,
sento les fulles caure
d'octubre, lentament,
roges, i l'heura verda
tornar-se groga al mur
del meu opac silenci.

Ebd. S. 120

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